Sushi Murakami — Das Feuer für das eiskalte Meer in ihm

Das 16. Kapitel

Als Kuro ein­trifft, sie ihn end­lich wie­der­erkennt und ihr Mann mit den Kin­dern in die Stadt fährt, naht der Au­gen­blick der Auf­klä­rung. Tsu­ku­ru und die Le­ser er­fah­ren, wie sehr Shiro durch die Ver­ge­wal­ti­gung trau­ma­ti­siert war und wie Kuro sich na­he der Selbst­auf­ga­be um die Freun­din küm­mer­te. Kuro oder bes­ser Eri ‑sie möch­te nicht mehr bei ih­rem Spitz­na­men ge­nannt wer­den- er­zählt aber auch, daß sie im­mer von der Un­schuld Tsu­ku­rus, in den sie da­mals noch da­zu sehr ver­liebt ge­we­sen sei, über­zeugt war.

Selt­sa­mer­wei­se ist sie er­staunt, daß er jetzt nach 16 Jah­ren ei­ne Er­klä­rung ver­langt und –zu Recht- be­lus­tigt dar­über, daß sei­ne neue Freun­din dies an­ge­ord­net hat. Tsu­ku­rus Angst vor dem Zu­sam­men­tref­fen ver­steht sie nicht, sie sei­en doch Freun­de. Erst als er ihr sei­ne exis­ten­ti­el­le Not, die die Ab­kehr der Freun­de in ihm ver­ur­sacht hat­te, mit der Kaf­ka­an­lei­he ei­nes eis­kal­ten Meers aus­malt, ver­steht Eri. Es „Su­shi Mu­ra­ka­mi — Das Feu­er für das eis­kal­te Meer in ihm“ weiterlesen

Sushi Murakami — Finnische Wälder (hätte Kuro doch einen Norweger geheiratet)

Das 15. Kapitel

FotoTsu­ku­rus Aus­flug in die Fin­ni­schen Wäl­der be­schert mir die bis­her bes­ten Ka­pi­tel des Ro­mans. Gut, daß Kuro den Herrn Haa­tai­nen ge­hei­ra­tet hat und noch bes­ser, daß die­ser ein Som­mer­haus an ei­nem klei­nen See bei Hä­meen­lin­na be­sitzt. Die Fahrt im Miet­wa­gen führt Tsu­ku­ru un­ter pracht­vol­len Trom­pe­ten­klän­gen zu­nächst mit­ten durch die Fin­ni­schen Wäl­der mit Kie­fern, Fich­ten, Ahorn, Bir­ken, na­tür­lich auch Rot­kie­fern. „Die Rot­kie­fern rag­ten bis hoch in den Him­mel hin­auf, und auch die Bir­ken wa­ren rie­sig mit tief hän­gen­den Zwei­gen.“ Trotz solch’ sub­ti­ler Sym­bo­lik, ver­wun­dert der nächs­te Satz. „Kei­ne die­ser Ar­ten gab es in Ja­pan.“ Tat­säch­lich? Auch nicht die Rot­kie­fer? Wie kam es dann zu Akas Na­men? Kei­ne Ah­nung und kei­ne Lust ja­pa­ni­sche Baum­be­stän­de zu er­goo­geln. Ver­mut­lich liegt es an der Satz­rei­hen­fol­ge, die durch die Über­set­zung ver­än­dert wur­de und die Aus­sa­ge be­zieht sich nur auf die zu­vor ge­nann­ten Baum­ar­ten? Lei­der „Su­shi Mu­ra­ka­mi — Fin­ni­sche Wäl­der (hät­te Kuro doch ei­nen Nor­we­ger ge­hei­ra­tet)“ weiterlesen

Sushi Murakami — Helle Nächte in Helsinki

Das 14. Kapitel

In Hel­sin­ki be­geg­net Tsu­ku­ru ei­nem ge­schwät­zi­gen Ta­xi­fah­rer, Fe­lix Krull, der hilfs­be­rei­ten Ol­ga, ei­nem Sän­ger mit Hund und Fin­nen, die rau­chen, trin­ken und Piz­za es­sen. Er be­geg­net aber auch der Weis­heit der Fin­nen. Die ers­te ver­kün­det ein Ta­xi­fah­rer, als er Tsu­ku­rus Rei­se­mo­ti­ve hört. „Ur­laub und Freun­de, das sind die zwei bes­ten Din­ge im Le­ben.“ An­statt dies in der ihm ei­ge­nen Ge­las­sen­heit hin­zu­neh­men, re­bel­liert Tsu­ku­ru in­ner­lich. „Ob al­le Fin­nen die­se Vor­lie­be für phi­lo­so­phi­sche Be­mer­kun­gen über das Le­ben ha­ben oder nur Ta­xi­fah­rer?“. Die Le­se­rin, die sich durch zahl­rei­che ähn­li­che Sprü­che bis zu die­sem Ka­pi­tel durch­ge­kämpft hat, wun­dert sich. „Lie­ber Tsu­ku­ru, nicht nur Fin­nen be­sit­zen die­se Vor­lie­be, auch Ja­pa­ner und Deut­sche. Das macht sie al­ler­dings nicht zu be­geis­ter­ten Ta­xi­nut­zern, son­dern zu Le­sern ge­wis­ser bra­si­lia­ni­scher und ja­pa­ni­scher Au­toren.“ Doch un­ser Held hofft da­von ver­schont zu blei­ben. Viel­leicht möch­te der Au­tor ihn aber auch mit die­ser uni­ver­sel­len Weis­heit kon­fron­tie­ren und zur Um­kehr be­we­gen? Be­vor es so­weit kom­men kann, er­scheint wie in ei­ner Par­al­lel­welt ein deut­scher No­bel­preis­trä­ger, und im alt­mo­di­schen „Su­shi Mu­ra­ka­mi — Hel­le Näch­te in Hel­sin­ki“ weiterlesen

Sushi Murakami — Schamanendämmerung

Das 12. Kapitel

FotoMin­der be­geis­ter­te Mu­ra­ka­mi-Le­ser dür­fen sich in die­sem Ka­pi­tel auf zwei Er­schei­nun­gen freu­en. Wir er­fah­ren von der Po­ly­dak­ty­lie, ei­ner ge­ne­ti­schen Skur­ri­li­tät, die ih­rem Trä­ger zwei zu­sätz­li­che Fin­ger be­schert, die die­ser nach Ent­fer­nung in ei­nem Glas mit Form­alde­hyd kon­ser­vie­ren könn­te, wel­ches sich wie­der­um in ei­nem Beu­tel be­quem um­her tra­gen lie­ße. Es soll­te frei­lich ein hüb­scher Beu­tel sein, denn zwei sechs­te Fin­ger hat man ja nicht al­le Tage.

Doch hübsch der Rei­he nach. Tsu­ku­ru ist nach dem Aus­flug in sei­ne Ver­gan­gen­heit wie­der in der Ge­gen­wart und in To­kio ge­lan­det. Er mel­det sich bei Sa­ra, der er drin­gend von sei­nen Tref­fen mit den bei­den Freu­den be­rich­ten will. Doch auch Hob­by­ana­ly­ti­ker sind über­lau­fen, Tsu­ku­ru muss bis über­mor­gen war­ten. Bis da­hin dür­fen die Le­ser und ein neu­er As­sis­tent ihn zur Ar­beit be­glei­ten. Sei­ne Kon­trol­len füh­ren ihn auf meh­re­re Bahn­hö­fe. Dort spricht er mit den Vor­ste­hern, die so ei­ni­ges zu er­zäh­len ha­ben. Be­son­ders skur­ril sind die Fund­sa­chen, dar­un­ter das oben er­wähn­te Fin­ger-Glas im Beu­tel. Ah, freut sich „Su­shi Mu­ra­ka­mi — Scha­ma­nen­däm­me­rung“ weiterlesen

Sushi Murakami — Beyond

Das 11. Kapitel

Am fol­gen­den Tag be­gibt sich Tsu­ku­ru in Akas Fir­ma. Ih­re Bü­ros lie­gen in ei­nem fu­tu­ris­ti­schen Ge­bäu­de aus Stahl und Glas. Am Emp­fang be­geg­net er zu­nächst ei­ner jun­gen Frau, die wie ein Klon des Le­xus-Fräu­leins wirkt. Ein gro­ßes Ge­mäl­de ge­winnt kurz sei­ne Auf­merk­sam­keit, doch des­sen abs­trak­te Farb­kom­po­si­ti­on, ‑Ach­tung Metapher‑, ist Tsu­ku­ru rät­sel­haft. „Sei­ne Be­deu­tung war nicht ver­ständ­lich, aber es wirk­te auch nicht be­son­ders subtil.“

FotoWe­sent­lich in­ten­si­ver be­schäf­tigt er sich mit dem Äu­ße­ren der Emp­fangs­da­me. Hier und bei der kurz dar­auf in Er­schei­nung tre­ten­den Se­kre­tä­rin of­fen­bart Tsu­ku­ru sein rück­schritt­li­ches Frau­en­bild. Wäh­rend ihm die Letz­te­re, wie „ei­ne alt­ge­dien­te Ober­schwes­ter oder die Wir­tin ei­nes Lu­xus­bor­dells“ er­scheint, be­ur­teilt er die Ers­te ste­reo­typ als ei­ne Frau, de­ren Le­bens­plan aus Ro­ma­nis­tik-Stu­di­um, Ehe­schlie­ßung, Shop­ping in Pa­ris und dem Drill der Kin­der besteht.

Nach kur­zer War­te­zeit führt ihn die Se­kre­tä­rin zu Aka. „Sie ging mit gro­ßen Schrit­ten vor ihm durch den Flur. Sie klan­gen hart und prä­zi­se, wie die Schlä­ge, die ein ehr­li­cher Schmied vom frü­hen Mor­gen an auf sei­nem Am­boss her­vor­bringt.“ Ob Schrit­te über­haupt klin­gen kön­nen, dar­über lie­ße sich strei­ten. Neu­gie­rig wä­re ich „Su­shi Mu­ra­ka­mi — Bey­ond“ weiterlesen

Sushi Murakami — Luxus bei Lexus

Das 10. Kapitel

En­de Mai fährt Tsu­ku­ru in sei­ne Hei­mat­stadt. Er will sich um die Fa­mi­lie und um das Ge­heim­nis küm­mern. Ei­nen Tag nach der Ge­denk­fei­er für den Va­ter geht er zu Le­xus, er hofft, Ao dort an­zu­tref­fen, der die Fi­lia­le des Au­to­hau­ses lei­tet. Ao re­agiert über­rascht als sie sich be­geg­nen. So­wohl die star­ken äu­ße­ren Ver­än­de­run­gen an dem eins­ti­gen Freund er­stau­nen ihn, als auch die nach so vie­len Jah­ren ge­for­der­te Er­klä­rung. Zu ei­nem Ge­spräch hat er we­gen ei­nes Au­ßen­ter­mins und ei­ner Team­sit­zung erst in der kur­zen Mit­tags­pau­se Zeit.

Der Be­such fin­det an ei­nem Sonn­tag statt, da, wie der Le­ser er­fährt, an die­sem Tag die Au­to­häu­ser ent­ge­gen der üb­li­chen Ge­schäfts­zei­ten ge­öff­net ha­ben. Sie er­war­ten Kun­den, die die­sen frei­en Tag nut­zen. Macht man dann Au­ßen­ter­mi­ne und Teamsitzungen?

Egal, ei­gent­lich ist die­ses gan­ze Set­ting im Au­to­haus reich­lich über­flüs­sig. Al­ler­dings „Su­shi Mu­ra­ka­mi — Lu­xus bei Le­xus“ weiterlesen

Sushi Murakami — Der Mann, der den Zügen nachsah

Das 9. Kapitel

Tsu­ku­ru eilt zu ei­nem Tref­fen mit Sa­ra. Zwi­schen zwei Ge­schäfts­ter­mi­nen will sie ihn über ih­re Nach­for­schun­gen in­for­mie­ren. Zu vier Freun­den hat sie In­for­ma­tio­nen im Netz ge­fun­den, nur in Kur­os Fall muss­te sie te­le­fo­nie­ren. Und ob­wohl ihr die neu­en Tech­ni­ken bei ih­rer Re­cher­che sehr nütz­lich wa­ren, be­klagt sie sich dar­über (s. Weisheit).

FotoZwei Freun­de le­ben nach wie vor in Na­go­ya. Ao ar­bei­tet bei Le­xus, Akas Fir­ma ver­an­stal­tet Busi­ness-Se­mi­na­re. Kuro hin­ge­gen ist nach Finn­land ge­zo­gen und Shiro lebt nicht mehr.  Sie wur­de er­mor­det, die Tat selbst ver­schweigt Sa­ra al­ler­dings, Tsu­ku­ru sol­le sie selbst her­aus­fin­den. Das wird ihm kaum schwer­fal­len, wie sein Blick auf ih­re Fin­ger­nä­gel be­weist, ent­geht sei­nem Spür­sinn nichts. „Sie wa­ren in der röt­lich brau­nen Far­be ih­rer Hand­ta­sche la­ckiert und sa­hen sehr hübsch aus. Tsu­ku­ru hät­te ein Mo­nats­ge­halt dar­auf ver­wet­ten kön­nen, dass das kein Zu­fall war.“

Sa­ra ver­schwin­det zu ih­rem Ter­min. Tsu­ku­ru bleibt scho­ckiert und trau­rig zu­rück. „Su­shi Mu­ra­ka­mi — Der Mann, der den Zü­gen nach­sah“ weiterlesen

Sushi Murakami — Orientierungslauf

Das 8. Kapitel

Hai­da ver­lässt To­kio und die Uni­ver­si­tät oh­ne dies Tsu­ku­ru an­zu­kün­di­gen und be­en­det so ei­gen­mäch­tig die Freund­schaft. Tsu­ku­ru muss wie­der ein­mal ei­ne ab­rup­te Tren­nung hinnehmen.

Zu­vor ver­brach­te er sei­ner Mut­ter zu­lie­be ei­ni­ge Ta­ge in Na­go­ya. Die Vor­stel­lung dort Shiro und Kuro zu be­geg­nen, löst star­ke Schuld­ge­füh­le in ihm aus. Auch wenn es sich nur um ei­nen im­mer wie­der­keh­ren­den Traum han­delt, kom­men die „schmut­zi­gen, ego­is­ti­schen Fan­ta­sien“ „für ihn fast ei­ner Ver­ge­wal­ti­gung gleich“.

Auf das En­de der Freund­schaft re­agiert er mit un­ter­schied­li­chen Ge­füh­len. Zu­nächst sprach­los, er­füllt ihn ei­ne „ge­wis­se Ge­las­sen­heit“ und Ru­he, gleich­zei­tig ist er trau­rig und be­dau­ert es sehr.

Er wer­tet das Ver­schwin­den als Süh­ne für sei­ne „un­rei­nen Vor­stel­lun­gen“. Hai­da scheint wie einst sein Va­ter die Fern­sucht be­fal­len zu ha­ben. Wenn er nicht gar, mit die­ser dem Va­ter zu­ge­schrie­be­nen Ge­schich­te sein ei­ge­ne of­fen­ba­ren woll­te. Ich kann mit die­sem In­ter­pre­ta­tio­nen we­nig an­fan­gen. Hai­da ist weg. Tsu­ku­ru blei­ben Kaf­fee­müh­le und Boh­nen, die Liszt-Plat­ten und „die Er­in­ne­rung an die ge­heim­nis­vol­le Tie­fe sei­ner blau­en Au­gen“.

Kurz dar­auf lernt er ei­ne Frau ken­nen, mit der er sei­ne ers­te se­xu­el­le Be­zie­hung führt. Es sind we­der Lie­be noch Lei­den­schaft, die ihn an­trei­ben, son­dern der Drang „sich selbst zu be­wei­sen, daß er nicht ho­mo­se­xu­ell war“. Wie die Freund­schaft zu Hai­da so en­det auch die­se Be­zie­hung nach acht Mo­na­ten, wenn auch in ge­gen­sei­ti­gem Einverständnis.

Die­se Er­fah­rung schenkt Tsu­ku­ru ver­meint­li­che Ge­wiss­heit über sei­ne se­xu­el­le Ori­en­tie­rung und die Er­kennt­nis, „er braucht ei­ne fes­te Se­xu­al­part­ne­rin, um all­zu leb­haf­te ero­ti­sche Träu­me zu ver­mei­den und über­haupt in der Ge­gen­wart le­ben zu kön­nen“.

Foto

Die­ses Ka­pi­tel lie­fert kei­ne Weis­heit, da­für viel kru­de Moral.

Sushi Murakami — fLeckFrei

7. Kapitel

Be­vor die Nacht der selt­sa­men Din­ge be­ginnt, sei noch ein­mal an den selt­sa­men Mi­do­ri­ga­wa er­in­nert, der sein an­de­res Ich in ei­nem Beu­tel spa­zie­ren trug und mit flin­ken Fin­gern den Tas­ten Tö­ne entlockte.

In be­sag­ter Nacht er­wacht Tsu­ku­ru, wie ge­lähmt und ans Bett ge­fes­selt, erst spürt er et­was im Dun­keln lau­ern, dann weiß er, nur Hai­da kann dort ste­hen und ihn an­star­ren. Oder des­sen an­de­res Ich. Wir den­ken noch­mals an „Su­shi Mu­ra­ka­mi — fLeck­Frei“ weiterlesen

Sushi Murakami — Die Lysistratastrategie

6. Kapitel

Auf die selt­sa­men Din­ge der Nacht müs­sen wir noch war­ten. Der Au­tor lässt sei­nen Tsu­ku­ru sei­ne Sa­ra zum Ren­dez­vous bit­ten. Sie tref­fen sich in ei­nem Re­stau­rant, wo ihm Sa­ra ei­ne Sei­den­kra­wat­te aus Sin­ga­pur schenkt. Ein Ele­ment murakami’scher Sym­bo­lik? Tsu­ku­ru freut sich, ganz ge­gen Sa­ras Er­fah­rung. „Es gibt Män­ner, die mö­gen es nicht, wenn man ih­nen Kra­wat­ten schenkt.“ Tsu­ku­ru hin­ge­gen legt sie brav an mit dem Vor­satz, „er durf­te nicht ver­säu­men, sie nach ih­rem Ge­burts­tag zu fra­gen und ihr et­was zu schenken.“

Da hat das Re­stau­rant doch mehr Es­prit. Es ist fran­zö­sisch wie viel­leicht auch der Rot­wein, von dem un­ser Held nur ein Glas nimmt. Sa­ra trinkt den Rest der Ka­raf­fe, we­gen der „Su­shi Mu­ra­ka­mi — Die Ly­sis­tra­ta­stra­te­gie“ weiterlesen