In ihrem neuen Roman Die Sonnenposition erzählt Marion Poschmann auf poetische Weise vom Trauma der Kriegsenkel
„Doch leidet man nicht, höre ich mich zu Odilo sagen, nur allzuoft an Erinnerungen, die nicht die eigenen sind? Seltsame Versehrungen, die wir auf nichts zurückführen können, ein wiederkehrendes Unbehagen, für das wir vergeblich Gründe suchen.“
Sonnenblumen, Sonnenstrahlen, Sonnenauf- und Untergang, wer vor der Lektüre über die Sonne assoziiert, am besten in Form eines strahlenförmig angelegten Mindmaps, der ist auf Marion Poschmanns neuen Roman in zweierlei Hinsicht vorbereitet. Zum einen werden ihm viele seiner Fundstücke begegnen, seien es alltägliche oder historisch konnotierte, zum anderen wird er erkennen müssen, daß die Poetin Poschmann ihm in Wortschöpfungspotenz haushoch überlegen ist. Kennenlernen konnte man den Stil der 1969 Geborenen bereits in Naturgedichten, Novellen und dem Schwarzweißroman.
Ihr jetzt vorliegendes und für den Deutschen Buchpreis nominiertes Werk trägt den Titel Die Sonnenposition. Dies ist keine Yogaübung sondern benennt die Stellungen, die ihre drei Hauptfiguren, allesamt junge „frühzeitig vergreiste“ Erwachsene, zueinander und zu ihrer Umwelt beziehen. Jeder scheint Fixstern und Trabant zugleich.
Den 32-jährigen Psychiater mit dem altertümlichen Namen Altfried hat es aus der rheinischen Provinz in eine ostdeutsche verschlagen. Dort liegt das zur Psychiatrie umfunktionierte Schloss mit herabstürzenden Stucksonnen und überwucherten Strahlenbeeten in ruinösem Zustand. Die Patienten sind meist vom Typ Wendeopfer, „Schatten der Erinnerung“ weiterlesen