Pathos mit Klischee

Karine Tuil erzählt in „Die Zeit der Ruhelosen“ über Herkunft und Schicksal

In un­se­rer Ge­sell­schaft ist et­was sehr Un­ge­sun­des im Gan­ge, al­les wird durch den Blick­win­kel der Iden­ti­tät be­trach­tet. Je­der wird auf sei­ne Her­kunft fest­ge­legt, egal, was er tut.“

Mei­ne ein­zi­ge Iden­ti­tät ist ei­ne po­li­ti­sche“, lau­tet das Be­kennt­nis ei­ner Fi­gur im neu­en Ro­man der fran­zö­si­schen Schrift­stel­le­rin Ka­ri­ne Tuil. Be­kannt ge­wor­den durch ih­ren Er­folg Die Gie­ri­gen ist sie nun mit dem bei Ull­stein er­schie­ne­nen und von Ma­ja Ueber­le-Pfaff ins Deut­sche über­tra­ge­nen ak­tu­el­len Ro­man Die Zeit der Ru­he­lo­sen ent­spre­chen­den Er­war­tun­gen aus­ge­setzt. Dies mag ei­ner der Grün­de sein, wes­halb er beim „Li­te­ra­tur­club“ des Schwei­zer Fern­se­hens und beim „Li­te­ra­ri­schen Quar­tett“ des Süd­west­funks auf dem Pro­gramm stand.

Im Mit­tel­punkt der Hand­lung ste­hen drei Män­ner, Fran­çois, Ro­main und Os­man, de­ren Er­le­ben Tuil in al­ter­nie­ren­den Ka­pi­teln er­zählt, so­wie Ma­ri­on, die zwi­schen zwei­en die­ser Män­ner steht.

Fran­çois Vé­ly lei­tet ei­nen Kon­zern der fran­zö­si­schen Mo­bil­funk­bran­che und ist ei­ner der reichs­ten Män­ner des Lan­des. Der Va­ter drei­er Kin­der aus ers­ter Ehe ist zum zwei­ten Mal mit „Pa­thos mit Kli­schee“ weiterlesen

Wie fiktiv alles ist!“

Gaito Gasdanows überkonstruierter Roman „Das Phantom des Alexander Wolf“

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Wie fik­tiv al­les ist!“, sag­te Wolf. „Sie wa­ren über­zeugt, dass Sie mich ge­tö­tet hat­ten, ich war mir si­cher, dass Sie letzt­lich durch mei­ne Schuld um­ge­kom­men wa­ren, und wir hat­ten bei­de nicht recht. (…)“

Gasd­anow be­ginnt sei­nen Ro­man „Das Phan­tom des Alex­an­der Wolf mit der Schlüs­sel­sze­ne. In ei­nem Som­mer ge­gen En­de des Rus­si­schen Bür­ger­kriegs tref­fen zwei feind­li­che Kämp­fer auf­ein­an­der. Das Pferd des ei­nen wird von ei­nem Schuss nie­der­ge­streckt. Als sein Rei­ter un­ver­letzt auf­steht, sieht er wie der Schüt­ze er­neut das Ge­wehr an­legt. Er zückt sei­ne Pis­to­le zur Ge­gen­wehr und trifft den an­de­ren zu­erst. Töd­lich, wie ihm ein Blick ver­si­chert. We­ni­ge Au­gen­bli­cke spä­ter hört er Wei­te­re her­an­na­hen und flieht auf dem Schim­mel des Getöteten.

 

Zu der Zeit, als das ge­schah, war ich 16 Jah­re –so­mit war die­ser Mord der Be­ginn mei­nes selb­stän­di­gen Le­bens, und ich bin mir nicht si­cher, ob er nicht un­will­kür­lich al­les ge­prägt hat, was zu er­fah­ren und zu er­bli­cken mir spä­ter be­schie­den war.

Jah­re spä­ter, er lebt in­zwi­schen in Pa­ris und schreibt für die Zei­tung, stößt der Er­zäh­ler auf ei­ne Ge­schich­te, die de­tail­liert die Schuss­sze­ne wie­der­gibt. Au­tors des Ban­des ist ein ge­wis­ser Alex­an­der Wolf, Wie fik­tiv al­les ist!““ weiterlesen