Leïla Slimanis gesellschaftskritischer Roman „Dann schlaf auch du“ spielt mit dem Dilemma von Überforderung und Ausbeutung
„Die Nanny ist wie diese Schemen, die im Theater im Dunkeln das Bühnenbild umbauen. Sie heben ein Sofa an, verschieben geschwind eine Säule aus Pappe, ein Stück Mauer. Louise wirkt hinter den Kulissen, unbemerkt und mächtig. Sie hat die unsichtbaren Fäden in der Hand, ohne die der Zauber nicht funktioniert. Sie ist Vishnu, die nährende, eifersüchtige und schützende Gottheit. Sie ist die Wölfin mit der Zitze, an der sie alle trinken, die verlässliche Quelle ihres Familienglücks.“
Die Motive für Kindsmord liegen meist im Wahn und der Verzweiflung der Täterin. Nicht nur die Psyche der Mutter oder wie hier der Nanny trägt zur Tat bei, sondern oft auch die gesellschaftlichen Umstände. Leïla Slimani stellt in ihrem neuen Roman „Dann schlaf auch du“ beides heraus, zum Glück ohne alle Fragen eindeutig zu beantworten.
Zu Beginn ist die blutige Tat bereits vollbracht. Eine Frau verliert die Fassung vor den leblosen Körpern ihrer beiden Kinder, die von ihrem Kindermädchen „Unsichtbar und unverzichtbar“ weiterlesen