Adriana Altaras jüdisch-deutsch-italienisches Erinnerungsbuch „Besser allein als in schlechter Gesellschaft. Meine eigensinnige Tante“
„Immer wieder fängt Adriana davon an, ich solle nach Deutschland kommen. Dass es mir in einem deutschen Altersheim schmecken würde, wage ich zu bezweifeln. Ich habe nichts gegen Kartoffeln, aber jeden Tag? Meine Schwester Thea liebte Kartoffeln. Kein Wunder, dass sie nach Deutschland ausgewandert ist. Dort ist sie auch gestorben. Ich will nicht behaupten, die Kartoffeln hätten ihr geschadet, aber ein längeres Leben hat man eindeutig mit Pasta.“
Die Pandemie ist vorbei, die App abgeschaltet, jede Einschränkung aufgehoben. In Pflegeheimen ist der Zugang wieder uneingeschränkt möglich, lediglich eine Maske müssen die Besucher noch tragen. Wer wie ich dort einen Menschen zu besuchen hatte, wird sich an die Stufen des Reglements gut erinnern können. Dem Besuchsverbot folgte ein begrenztes Rendezvous an einer diktatorlangen Tafel mit Spukschutzscheibe bis schließlich die Kombination aus Testpflicht, Maske und eidesstaatlicher Gesundheitserklärung ein Zusammensein wieder möglich machte. Diese Phasen, die den unaufhaltsamen Verfall eines Menschen begleiteten und erschwerten, beschreibt Adriana Altaras in ihren Roman „Besser allein als in schlechter Gesellschaft“. Der Titel stammt aus der Schatzkiste ihrer Tante Jelka. Sie lebt im italienischen Mantua, ihre Nichte in Berlin. Die ebenso fernen wie unterschiedlichen Städte wurden für beide zur Heimat, nachdem ihre jüdische Familie vor Jahrzehnten Zagreb verließ. Die schöne und stolze Jelka wurde in ein Lager verschleppt, von dort rettete sie ein italienischer Soldat und brachte sie in sein Dorf in Norditalien. Mehr aus Dankbarkeit, denn aus Liebe heiratete sie Giorgio und arrangierte sich mit den Verhältnissen.
Durchhalten, nach vorne schauen und das Beste daraus machen wurden die Lebensprinzipien, die der 99-Jährigen auch in der Casa di Cura helfen. Nach einem langen selbstbestimmten Leben stahl ein „„Ein Leben lang mittags Pasta und man überlebt alles““ weiterlesen