Shortlistschock
- Mirko Bonné: Nie mehr Nacht (Schöffling & Co., August 2013)
- Reinhard Jirgl: Nichts von euch auf Erden (Hanser, Februar 2013)
- Clemens Meyer: Im Stein (S. Fischer, August 2013)
- Terézia Mora: Das Ungeheuer (Luchterhand, September 2013)
- Marion Poschmann: Die Sonnenposition (Suhrkamp, August 2013)
- Monika Zeiner: Die Ordnung der Sterne über Como (Blumenbar, März 2013)
Dies sind die sechs Kandidaten, die die Vorausscheidung zum Deutschen Buchpreis 2013 überstanden haben. Ihre Position auf der Shortlist sichert ihnen ein Preisgeld von 2500 Euro und die Aussicht auf mehr, Ruhm und Ehre inklusive. Aber sichert es ihnen auch Erfolg im Buchhandel? Ich habe den Eindruck, die Jury will in diesem Jahr ganz bewusst gegen dieses Argument ansteuern und wählte keinen Kandidaten, der wie Tellkamps Turm für leuchtende Buchhändleraugen sorgt. Das vermögen vielleicht eher meine ausgeschiedenen Favoriten, die Romane von Ralph Dutli, Thomas Glavinic und Norbert Gstrein.
Ergänzend zur Shortlist folgen meine Antworten auf die Fragen an die Buchpreisbloggerinnen aus dem Projekt „5 lesen 20“.
- Welcher Roman der Shortlist ist Ihr Favorit und warum?
„Die Sonnenposition“ von Marion Poschmann. Das ist der einzige Roman, den ich von der Shortlist gelesen habe und beurteilen kann. Vor den poetischen Passagen stehe ich zwar manchmal ratlos, Poschmanns Umsetzung des historischen Themas finde ich jedoch sehr anregend.
- Welchen Roman (aus der Longlist) vermissen Sie auf der Shortlist?
„Soutines letzte Fahrt“ von Ralph Dutli. Ich war mir sicher, daß der Autor mit diesem Werk, das Fakten und Fiktion so kunstvoll vereint, den Preis gewinnt.
- Welchen Shortlist-Autoren würden Sie am liebsten kennen lernen wollen und warum? Was würden Sie diesen fragen wollen?
Marion Poschmann. Mich interessiert, wie sie für ihren Roman recherchiert hat, ob sie auf persönliche Erfahrungen zurück greift und ob sie tatsächlich in dem Maße, wie ich es in meiner Interpretation vermutet habe, auf das „Trauma der Kriegsenkel“ abzielt.
- Welchen Shortlist-Roman schenken Sie Ihrer Schwiegermutter zu Weihnachten?
Über diese Frage muss ich doch ein wenig lachen. Nicht, weil ich mich schwer tun würde meiner Schwiegermutter eines dieser sechs Werke zu schenken, sondern über die Intention, die hinter dieser Frage steckt.
Nun gut, meiner Schwiegermutter, deren Lesevorlieben ich sehr gut kenne, würde ich „Die Sonnenposition“ empfehlen, nicht wegen der barocken Blumenmotive auf dem Schutzumschlag, sondern wegen des Themas.
Zu Lektüretipps für alle anderen Schwiegermütter, von denen manche gerne Rosamunde Pilcher, andere Reinhard Jirgl und wieder andere Dashiell Hammett lesen, fühle ich mich außerstande.
- Welchen Roman wird die Jury Ihrer Meinung nach auswählen?
Jirgl, damit der Deutsche Buchpreis endlich mal Büchner-Preis-Niveau erhält. 😉
Liebe Atalante,
auch du siehst also Jirgl ganz vorne. Ob sich unsere Befürchtungen wohl erfüllen? Ich fände es schade, denn wozu zwei verschiedene Preise haben (von allen anderen ganz zu schweigen), wenn sie dasselbe Ziel verfolgen? Es wäre doch viel schöner, wenn sie verschiedene Ansprüche hätte und verschiedene Zielgruppen ansprechen würden. Nun ja, lassen wir uns überraschen.
Mich zu deinem klaren Favoriten zu äußern fällt mir schwer. Mir fällt kein richtiges Gegenargument ein, und doch kann ich mich nicht so recht für Poschmanns Roman erwärmen, obwohl mich das Thema eigentlich sehr reizt. Andererseits sagst du ja selbst, dass deine Entscheidung für Poschmann auch damit zusammenhängt, dass es der einzige Titel ist, den du gelesen hast. Ich war da viel dreister und habe mich von meinen oberflächlichen Eindrücken aufgrund von Leseproben und Rezensionen leiten lassen. Gut, Jirgl und Meyer konnte ich ausschließen, weil ich sie selbst gelesen habe, Bonné ist nur so eine Vermutung — vielleicht stelle ich nächste Woche fest, dass es ganz und gar nicht mein Fall ist. Dann wäre ich ratlos…
Es bleibt spannend!
Herzlich,
caterina
Liebe Caterina, bei so wichtigen Umfragen vertraue ich lieber auf mein eigenes Urteil. 😉 Von Bonné habe ich „Wie wir verschwinden” gelesen, aber eben nicht den aktuellen Roman. Du denkst, für Buchhandel und Schwiegermütter wäre Bonné besser? Wir werden es sehen.
Mein Gefühl sagt mir: Ja, Bonné ist leichter zugänglich. Ohne ihn noch Poschmann gelesen zu haben, wie gesagt. Aber mir wurde ja die Pistole auf die Brust gesetzt und ich musste mich zu meinem Favoriten äußern — das tue natürlich auch ich nicht gerne, wenn ich die Texte in Wirklichkeit gar nicht gelesen habe ;).
Meyer oder Mora würde ich tippen und bei Jirgl auch auch an die intellektuelle Alibifunktion”, denken, von der ich irgendwo hörte, vielleicht wirds aber die Zeiner, damit wir wieder etwas zum Staunen haben. Ansonsten würde ich von keinem Schock sprechen, aber sehr erstaunt war ich schon, da ich eigentlich ganz sicher war, Timm, Kehlmann und Glavinic werden darauf stehen.
Aber Jurien sind immer für Überraschungen gut und so soll es ja sein, denn man kann ja lesen, was man will und bei meiner Schwiegermutter sollte ich wohl auch besser mit der Rosemunde Pilcher, als mit dem Jirgl auftauchen und so wird es bei den meisten sein.
Liebe Eva, was würdest Du als potentielle Schwiegermutter davon halten, wenn Dir so ein literarischer Dünnpfiff überreicht würde. Mir eröffnete das ein Handlungsspektrum von Kopfabbeißen bis zu Altpapiertonne. Okay, Kopfabbeißen behalte ich mir für einen Coelho vor. 😉
Ganz ehrlich, es wäre mir gleich, ich habe, glaube ich, auch ein Rosamunde Pilcher Buch in meinen Regalen, allerdings noch nicht gelesen, den Coelho aber schon ein paar Mal und der Jakobsweg war sogar ganz interessant und Bücher werfe ich nicht weg, da hab ich zu viel Respekt, wie auch vor den Menschen und das Kopfabreißen ist sowieso verboten und nur im Krimi erlaubt
Liebe Eva, genug gewühlt in der Schwiegermutterschublade. 😉 Möchtest Du denn die potentiellen Gewinner Meyer oder Mora auch lesen? Hast Du ein großes Interesse daran?
Du als Wienerin kannst mir sicher auch Tipps für österreichische Literatursendungen geben. In meiner kleinen Übersicht, konnte ich bisher nur deutsche und schweizer Formate verzeichnen.
Ich bin wahrscheinlich, wie man auf meiner Leseliste sieht, ein Lesesonderfall bzw. eine quer durch den Krautgartenleserin und würde natürlich gerne Mora oder Meyer lesen, wenn ich sie im Bücherschrank oder in den Abverkaufskisten finde. Auch den Jirgl, obwohl ich bei Arno Schmidts „KAFF Mare Crisium” entsetzlich gescheitert bin, weil ich mich kein Jahr damit aufhalten wollte. Von Meyer habe ich auch schon „Die Nacht, die Lichter” gelesen und bezüglich österreichische Literatursendungen: Ich bin keine Fernseherin, aber Montagabend gibt es, glaube ich, eine Literaturschiene und im Radio, Ö1 Sonntag um vier, die Büchersendung „Ex Libris”, die manchmal für meinen Geschmack zu dirigistisch ist und zu wenige Bücher bespricht, die „Tonspuren” und die „neuen Texte” am Montagabend und am Freitag um dreiviertel zwölf gibts immer in den „Beispielen” die neuen Bucherscheinungen.
Dann gibts noch den Jugendsender FM4, den ich aber gar nicht höre, seit dem meine Tochter ausgezogen ist, der hat aber einen Literaturpreis, wo sehr oft die neuen Talente gefunden werden, die später in Klagenfurt lesen.
Ich weiß nicht, ob meine Auskunft hilfreich war, ich bin, glaube ich, keine große Literatur-Radiohörerin, obwohl Ö1 auch jetzt im Hintergrund läuft, vielleicht beim ORF nachfragen
Liebe Atalante
Poschmann und Jirgl kenne ich vom Namen her, habe aber noch nie etwas von ihnen gelesen. Die anderen Autoren sind mir, einmal mehr, völlig unbekannt. Da bin ich doch jetzt schon gespannt, wer auf der Shortlist beim diesjährigen Schweizer Buchpreis aufgeführt sein wird. Ich werde sicher weniger ratlos sein.
LG buechermaniac
Liebe Buechermaniac, mir ist aufgefallen, daß es zwischen den deutschprachigen Literaturländern trotz großer Gemeinsamkeiten auch viele Unterschiede in den Wahrnehmungen gibt. In der Schweiz und in Österreich sind zum Teil völlig andere Bücher im Gespräch. Man sehe sich nur die Liste zum Alpha-Preis an.
Auf den Schweizer Buchpreis bin ich gespannt, wirst Du darüber berichten?