Wilhelm Genazino zelebriert in seinem neuen Roman „Kein Geld, keine Uhr, keine Mütze“ die Lebenskunst der Ratlosigkeit
„Es ist viel sinnvoller (…), so oft wie möglich wenigstens beiseite zu schauen, dorthin, wo die anderen nicht hinschauen.“
Die Werke des 1943 geborenen Schriftstellers Wilhelm Genazino beschäftigen mich schon seit langem. Es begann mit Ein Regenschirm für diesen Tag, das durch die Diskussion im Literarischen Quartett Aufmerksamkeit erlangte. Seitdem folgten etliche Romane, von denen manche Kritiker behaupten, sie erzählten immer das Gleiche. Doch auch wenn in allen ein „nicht mehr ganz junger Junggeselle“ seine Unzufriedenheit mit dem Leben durch permanente Selbst- und Fremdbeobachtung zu verdrängen sucht, gibt es feine Unterschiede, die sich zu entdecken lohnen.
Der Flaneur des neuen Romans Kein Geld, keine Uhr, keine Mütze fühlt sich mit 60 Jahren „fast alt“, sein Blick hingegen „schien jung geblieben“. Dieser fällt auf die Tiere der Stadt, die wie er durch die Straßen streunen. Anders als diese besitzt er jedoch weder Ziel noch Plan. Er strebt nichts an, sondern flieht vor seiner eigenen Gedankenqual. „Ich löse viele meiner Probleme und Stimmungen durch Umhergehen.“ Dieser fast therapeutische Ansatz findet sich „Herumstreunen, Zeitverplempern und Rumgaffen“ weiterlesen