In seinem Roman „Die Außerirdischen“ stellt Doron Rabinovici grundsätzliche Fragen menschlichen Zusammenlebens
„Nicht die Außerirdischen lassen alles verkommen, um sich zu bereichern. Das macht nur unsereins.“
Anders als der Titel des neuen Romans des in Tel Aviv geborenen und seit seinem dritten Lebensjahr in Wien lebenden Schriftstellers Doron Rabinovici vermuten lässt, handelt es sich bei „Die Außerirdischen“ nicht um Science Fiction. Auch wenn die Namen der Figuren, Sol, Stern, Kastor und Jup(iter) danach klingen, auch wenn der Anfang an H.G. Wells Roman „Krieg der Welten“ erinnert, der als Radio-Hörspiel 1938 in den USA eine Massenpanik auslöste, wenigstens bei den verspätet zugeschalteten Hörern, die die Fiktion für bare Münze nahmen.
Ähnlich chaotische Zustände, wie Wells sie schildert, herrschen in allen Teilen der von Rabinovici ersonnenen Welt. Diesem Chaos setzt er seine beiden Hauptfiguren aus, Sol, der als Journalist eines Online-Gourmet-Magazins arbeitet und seine Frau Astrid. Medien aus allen Teilen der Erde bezeugen den kompletten Stromausfall, der Verkehr erliegt, Internet und Handys funktionieren nicht mehr. Die Versorgung bricht zusammen und Panik aus. Es kommt zu Plünderungen, getrieben von der Angst vor Hunger und Atomkatastrophen.
Im Fokus des Romans steht, wie die Menschen und die Medien damit umgehen. Wie schnell verbreiten sich Gerüchte im Netz? Wie füttern sie Verschwörungstheorien und fördern Gewaltbereitschaft? Rabinovici formuliert eine satirische Medienkritik, die Profitgier und Mechanismen der Branche bloßstellt. Aus Sols Gourmet-Journal Smack, dessen Themen nun obsolet sind, wird ein Nachrichtenmagazin mit der Talkshow Brandheiß, das die Auswirkungen der Außerirdischen verfolgt.
Berichtet wird von den neuen weltumgreifenden Wettspielen, die auf allen Kanälen gesendet werden sollen. Die freiwilligen Teilnehmer dieser Kombination von Castingshow und Dschungelcamp können viel gewinnen und alles verlieren, denn die Letzten sollen geschlachtet werden für die Außerirdischen, denen –Achtung Gourmet-Magazin!- Menschenfleisch nur dann schmeckt, wenn es freiwillig hergegeben wird.
Darf man Derartiges zulassen oder nicht? Darüber streiten in einer Talkshow-Szene, die zu dem Besten des Buchs gehört, die Experten. Darunter ein Publizist, der sich die Frage gefallen lassen muss, „Wie schmecken Sie persönlich am besten, blutig, medium oder durch?“.
In rasantem, spannenden Stil gestaltet Rabinovici Szenen wie Filmsequenzen, bietet durch seinen starken personalen Erzähler dem Leser aber auch ein hohes Potential an Identifikation.
Der Roman „Die Außerirdischen“ ist hochpolitisch, er verurteilt inhumane Zustände vergangener wie heutiger Regime und stellt grundlegende Fragen menschlichen Zusammenlebens, die heute aktueller scheinen denn je. Widerstand oder Anpassung? Kampf oder Kapitulation? Gemeinschaft oder Egoismus?