Mein bestes Buchpreis-Jahr und die aktuelle Liste
Der Deutsche Buchpreis wird am 9. Oktober zum 13. Mal vergeben. Die Regularien sind hinreichend bekannt und können im Zweifel auf der eigens eingerichteten Buchpreis-Seite des Börsenvereins nachgelesen werden. Propagiert als Preis für den besten deutschsprachigen Roman, gedacht als Marketingstrategie für den deutschen Buchhandel und realisiert von einer jährlich wechselnden Jury, bescheren die Nominierungen mitten im Sommerloch Gesprächsstoff für Blogs und Feuilleton.
Ich verfolge den Buchpreis von Beginn an. Auf meiner 2010 gegründeten Seite erschien 2011 der erste Buchpreis-Beitrag. Im Jahr 2013 nahm ich als „offizielle“ Buchpreisbloggerin teil. Mein bestes Buchpreis-Jahr war allerdings 2009, da viele meiner Lieblingsschriftsteller antraten. Mit Interesse las ich die Romane von Sibylle Berg, Thomas Glavinic, Wolf Haas, Anna-Katharina Hahn, Brigitte Kronauer, Herta Müller, Angelika Overrath, Norbert Scheuer, Kathrin Schmidt, Peter Stamm, Stefan Thome und David Wagner. 12 Titel, diese Zahl sollte ich in den kommenden Saisons nicht mehr schaffen. Im Pflichtjahr 2013 waren es immerhin noch acht, im letzten nur vier. Ob es heuer mehr werden?
Die Auswahl gefällt mir, gerade weil von den verdächtigen hochgelobten nur Lüschers Kraft auftaucht. Natürlich darf Feridun Zaimoglu mit Evangelio im Lutherjahr nicht fehlen, zudem scheint Zaimoglu der Running Candidate (2006 Leyla, 2008 Liebesbrand, 2014 Isabel, 2015 Sieben Türme) zu sein, die diesjährige Longlist beschert ihm die fünfte Nominierung. Wenn er den Sieg davontragen sollte, kann er dann im übernächsten Jahr wieder auf der Liste stehen?
Auf den Listen der vergangenen Jahren fand sich bereits die Hälfte der aktuellen Kandidaten. Mirko Bonné trat 2009 mit Wie wir verschwinden und 2013 mit Nie mehr Nacht, Gerhard Falkner erst im letzten Jahr mit Apollokalypse an. Franzobel legte im ersten Buchpreisjahr den schönen Titel Das Fest der Steine oder die Wunderkammer der Exzentrik vor. Lakonischer wirkten 42 und Fata Morgana, die Thomas Lehr 2005 und 2010 die Nominierung brachten. Lüscher debütierte 2013 mit Frühling der Barbaren als Kandidat. Im Jahr 2007 schaffte es Robert Menasses Don Juan de la Mancha auf die Liste. Marion Poschmann, deren Die Sonnenposition ich 2013 gerne gelesen habe, ist zum dritten Mal dabei, 2005 ging ihr Schwarz-Weiß-Roman ins Rennen. Ebenso viele Nennungen kann Ingo Schulze aufweisen, 2006 mit Neue Leben und 2008 mit Adam und Evelyn. Die Autorin des skurrilen Romans Katie, Christine Wunnicke, nahm im vorletzten Jahr mit Der Fuchs und Dr. Shimamura teil.
Die Themen der aktuellen Longlist-Romane sind vielfältig. Sie erzählen von Männern und Frauen, dysfunktionalen Familien, Flucht und Migration, Suizid, Spiritismus und Gotteswahn. Nicht wenige widmen sich großen Gesellschaftsthemen im Rückblick oder in der Zukunftsschau.
Hier die Liste mit einer knappen Einordnung:
Mirko Bonné: Lichter als der Tag (Schöffling & Co, Juli 2017) 336 S.
-Zwei Männer, zwei Frauen, Wahlverwandtschaften reloaded.-
Gerhard Falkner: Romeo oder Julia (Berlin Verlag, September 2017) 272 S.
-Mysteriöse Ereignisse entlarven die Geheimnisse der Erinnerung und bescheren dem Helden eine Tote.-
Franzobel: Das Floß der Medusa (Paul Zsolnay, Januar 2017) 592 S.
–Der Schiffbruch vor der Küste Afrikas im Jahr 1816. Das historische Ereignis als Folie für das aktuelle Drama?-
Monika Helfer: Schau mich an, wenn ich mit dir rede! (Jung und Jung, März 2017) 186 S.
–Scheidungskind zwischen zwei Familien. Helfer stellt die Frage, was eine Familie ausmacht.-
Christoph Höhtker: Das Jahr der Frauen (Weissbooks, August 2017) 256 S.
–Einen Mann in der Krise begleitet ein Therapeut und die fixe Idee von 12 Frauen in 12 Monaten. Midlife-Krisen-Kompensation? Nein, Höhtker erzählt im letzten Band seiner Trilogie vom Versuch eines selbstbestimmten Endes.-
Thomas Lehr: Schlafende Sonne (Carl Hanser, August 2017) 640 S.
-Drei Menschen und ihre Verortung in der Zeitgeschichte. Ein Rückblick auf hundert Jahre Deutschland (1911–2011). –
Jonas Lüscher: Kraft (C.H. Beck, März 2017) 237 S.
-Ein Antiheld schwafelt sarkastisch scharf über Zufall und Singularität.-
Robert Menasse: Die Hauptstadt (Suhrkamp, September 2017) 459 S.
-Fast ein Krimi um längst vergangene aber nie zu vergessende Verbrechen und den Ruf der EU-Kommission.-
Birgit Müller-Wieland: Flugschnee (Otto Müller, Februar 2017) 343 S.
-Ein verschwundener Bruder, eine demente Großmutter, Geheimnisse einer unglücklichen Familie. Variante des Anna-Karenina-Prinzips?-
Jakob Nolte: Schreckliche Gewalten (Matthes & Seitz Berlin, März 2017) 340 S.
-Das ist mal eine andere Art, lästige Ehemänner loszuwerden. Die Heldin in Noltes Roman verwandelt sich in eine Werwölfin mit tödlich spitzen Reißzähnen. Sohn und Tochter fragen sich, ob sie nach der Mutter kommen und schlagen eigene Wege ein, die bis nach Afghanistan führen. -
Marion Poschmann: Die Kieferninseln (Suhrkamp, September 2017) 168 S.
-Betrogener Bartforscher sucht in Japan nach Erlösung.-
Kerstin Preiwuß: Nach Onkalo (Berlin Verlag, März 2017) 240 S.
-Mutter tot, Frau noch nicht da. Mann, der auf Tauben starrt allein im einsamen Ost-Heim.-
Robert Prosser: Phantome (Ullstein fünf, September 2017) 336 S.
-Die Geschichte einer Flucht im Jugoslawienkrieg und einer späten Spurensuche. Familie, Migration.-
Sven Regener: Wiener Straße (Galiani Berlin, September 2017) 304 S.
-Ein Achtzigerjahre Berlin-Roman. Was sonst?-
Sasha Marianna Salzmann: Außer sich (Suhrkamp, September 2017) 366 S.
-Zwillinge, die eine Heimat und ihre Identität suchen in Moskau, Berlin und Istanbul. Familie und Migration.-
Ingo Schulze: Peter Holtz (S. Fischer, September 2017) 576 S.
-Ein christlicher Kommunist will Glück und Gerechtigkeit für alle und kommt zu viel Geld. Was tun damit ?-
Michael Wildenhain: Das Singen der Sirenen (Klett-Cotta, September 2017) 320 S.
-Wo ein Werwolf sein darf, sollte ein Frankensteinexperte nicht verwundern. Zum Glück handelt es sich nicht um einen Chirurgen, sondern es ist ein Literaturwissenschaftler, der eine leidenschaftliche Affäre mit einer Fachfrau für Reproduktionstechnologie führt, womit man doch wieder bei Monstern wäre.-
Julia Wolf: Walter Nowak bleibt liegen (Frankfurter Verlagsanstalt, März 2017) 200 S.
-ein alternder Mann blickt ohnmächtig auf seine Vergangenheit und sich selbst. Erinnerungssuche kann großartig sein.-
Christine Wunnicke: Katie (Berenberg, März 2017) 160 S.
-In dieser Wissenschaftssatire tritt Empirie gegen Esoterik an.-
Feridun Zaimoglu: Evangelio (Kiepenheuer & Witsch, März 2017) 352 S.
-wir begeben uns mit Zaimoglus Luther in die Wartburg, wo dieser 1521–1522 mit der Bibel-Übersetzung kämpft, mit dem katholischen Glauben seines Bodyguards Burkhard und wie soll es anders sein bei einem Schriftsteller, dessen Finger Totenkopfringe schmücken, mit Tod und Teufel. Könnte amüsant sein!-
Finde ich schön und bin wieder fleißig beim Lesen, beziehungsweise werde ich bald damit beginnen, liebe Grüße aus Wien, Zaimoglu würde ich den Preis auch sehr wünschen!
https://literaturgefluester.wordpress.com/2017/08/15/vier-und-zwei-aus-zwanzig/
Liebe Link-Dropping-Queen, was soll ich sagen? Donna-Merrill hat die Antwort.
Mit anderen Worten, Du bist bereits über Deinen Namen verlinkt, wie jeder Kommentator, der eine eigene Webseite betreibt. Über diese Verlinkung Deine Seite zu besuchen, dazu könntest Du die Leser durch einen interessanten Kommentar motivieren. Ganz einfach! Oder wohl doch nicht?