Julie von Kessel erzählt in „Die anderen sind das weite Meer“ filmreif und mit psychologischem Gespür von der späten Annäherung einer Familie
„Neben dem Schrank hing ein Bild, das Luka vor vierzig Jahren gemalt hatte: Drei Kinder und zwei Erwachsene waren darauf zu sehen, die ganze Familie Cramer, von der winzigen Elena bis zu Maria mit den großen braunen Kringeln auf dem Kopf. Tom betrachtete es, zum ersten Mal fiel ihm auf, dass sie alle Berge bestiegen, doch jedes Familienmitglied erklomm seinen eigenen Hügel.“
Wenn Eltern älter werden, sehen sich Kinder oft mit Herausforderungen konfrontiert. Es mehren sich Krankheiten, wie die persönlichkeitsverändernde Demenz, die die Beziehungen auf den Kopf stellen. Das gilt besonders für die Konstellation von Geschwistern. Man wohnt entfernt und sieht sich selten. Wer kümmert sich, wenn der Vater oder die Mutter Hilfe benötigen? Der Notwendigkeit zu handeln steht das Abschieben von Verantwortung entgegen. Konflikte scheinen unvermeidlich.
So ergeht es Luka, Tom und Elena, als sie erfahren, daß ihr Vater zunehmend dement wird und in der Nachbarschaft herumirrt. Hans war einst als Botschafter des Auswärtigen Amts in Mexiko. Dort lernte er „Verdrängung“ weiterlesen