Weg damit!

Altes aussortiert

20160516_140620_resizedPfings­ten, das lieb­li­che Fest war ge­kom­men!? Ach nee, doch nicht, fal­sches Fest und bei dem strö­men­den Re­gen ist nichts lieb­lich. Was al­so tun? Le­sen! Klar, Le­sen geht im­mer, aber da steht die­ses Re­gal im Na­cken, über­quel­lend von Bü­chern, quer, links, hin­ter- und über­ein­an­der ge­leg­ten und ge­stell­ten. Es mahnt an ein Pro­jekt, wo­zu schon seit ge­rau­mer Zeit Öl und Tü­cher be­reit lie­gen. Nur die Lust nicht. Wä­re ein Spa­zier­gang nicht viel ge­sün­der? Si­cher, aber auch näs­ser. Al­so dann doch! Vor der Ölung, ‑we­nigs­tens ein christ­li­cher Ri­tus soll­te an die­sem Tag drin sein‑, muss erst­mal al­les raus. Bei je­dem Band keh­ren Er­in­ne­run­gen zu­rück. Manch­mal sol­che, die man ger­ne schon längst ver­ges­sen hät­te. Zum Bei­spiel die an die­sen Pro­fes­sor! Und war­um zum Teu­fel darf noch das Buch die­ser Jour­na­lis­tin kost­ba­ren Re­gal­platz be­le­gen, die seit ge­rau­mer Zeit in der Blöd publiziert?

Al­so weg damit:

Van­ce Pa­ckard, Die ge­hei­men Ver­füh­rer. Ull­stein 1980 – Den im Ori­gi­nal 1957 er­schie­ne­nen Klas­si­ker der Wer­be­psy­cho­lo­gie hat­te ich ger­ne und mit Ver­gnü­gen ge­le­sen. Dem Wer­be­war­ner Pa­ckard hät­te si­cher­lich der kri­ti­sche Ver­brau­cher von heu­te, der Markt­che­cker und

Pro­dukt-Re­zen­sent sehr ge­fal­len. Ein Satz: „So­cial Re­se­arch hat fest­ge­stellt, daß au­ßer Milch auch vie­le an­de­re Le­bens­mit­tel mit ver­bor­ge­nem Sinn­ge­halt be­frach­tet sind“. Wohl wahr, man den­ke an die Ve­ge­ta­ni­sie­rung des Schinken-Spickers.

Wie wä­re es mit et­was His­to­ri­schem über un­se­ren klei­nen kö­nigs­treu­en Nach­barn? Horst La­de­ma­cher, Ge­schich­te der Nie­der­lan­de. WBG Darm­stadt 1983. Da­mals dach­te  ich wohl, wer Ge­schich­te stu­diert, in­ter­es­sier­te sich für al­les, auch für die Ora­ni­er. Ein Satz: „Ob­wohl sich auch Op­po­si­ti­on ge­gen Mo­ritz nach der Hin­rich­tung Ol­den­barn­evelts rühr­te und ob­wohl die städ­ti­schen Re­gen­ten gleich­sam in Kon­ti­nui­tät ih­rer Kom­pe­ten­zen fort­wirk­ten, hat sich das An­se­hen des Hau­ses Ora­ni­en in der Re­pu­blik selbst wie auch im Aus­land um ei­ni­ges er­höht.“ Ab­ge­se­hen vom The­ma ha­ben mich sol­che Sät­ze vom Le­sen abgehalten.

Wenn auch kein Mei­len­stein, so doch ein Mo­sa­ik­tesse­ra der Tro­ja-For­schung. Hart­mut Döhl, Hein­rich Schli­e­mann. My­thos und Är­ger­nis. C. J. Bucher 1981. In­ter­es­san­te Hin­ter­grund­be­rich­te in amü­san­tem Plau­der­ton, be­glei­tet von Er­in­ne­run­gen, die ich nicht län­ger ar­chi­vie­ren will. Ein Satz: „Wä­re Schli­e­manns Leich­nam nicht längst ver­mo­dert, müß­te er sich seit 1890 ei­gent­lich stän­dig im Grab umdrehen.“

20160516_182013_resizedIn den Acht­zi­gern wa­ren al­le schlau­en Frau­en ge­gen Män­ner, la­sen Em­ma und Ga­brie­le Woh­mann. Manch­mal fin­de ich die Mä­dels von heu­te könn­ten da auch mal rein­schau­en. Dar­um tren­ne ich mich gleich dop­pelt so ger­ne von Ga­brie­le Woh­mann, Ach wie gut, daß nie­mand weiß. Dtv 1983. Ein Satz: „Weil sie Her­bert, vom Ge­müt her be­trach­tet, lie­ber hat­te als Gre­gor, muß­te sie ihm den Ver­gleich der Crab me­at-Pf­röpf­chen mit mehr­fach be­nutz­ten, wurm­ar­tig ver­form­ten Oh­ro­pax-tier­chen eben­falls zu­gu­te kom­men lassen.“

Und id., Das Glücks­spiel, dar­aus ein Satz: „Auch dem Da­ckel, wie je­ner be­dau­erns­wer­ten Frau, wür­de so leicht kei­ner glau­ben, daß es mal wie­der nichts zu la­chen gab, wirk­lich gar nichts.“ Al­le hier zi­tier­ten Sät­ze, ha­be ich spon­tan auf den ers­ten Blick ge­fun­den. Eh­ren­wort. Ku­ri­os al­ler­dings, da­mals be­saß ich tat­säch­lich ei­nen Dackel.

Da­mals hat­te auch Je­de Chris­ta Wolfs Kas­san­dra ge­le­sen. Man­che oh­ne Ah­nung von den al­ten Grie­chen, was da­zu führ­te, daß sie ih­re Töch­ter mit die­sem un­heil­träch­ti­gen Vor­na­men ver­sa­hen. Nicht nur zum Spott der Grie­chisch­leh­rer. Aus wel­chem Grund Chris­ta Wolf, Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Er­zäh­lung: Kas­san­dra ganz oh­ne Kas­san­dra in mei­nem Re­gal ge­lang­te, weiß ich nicht. Ein Satz: „Wem kann ich er­zäh­len, daß die Ili­as mich langweilt?“

Mal et­was neue­res, auch von ei­ner Frau. Bir­git Van­der­be­ke, Geld oder Le­ben. S. Fi­scher 2003. Ich fand’s be­lang­los, aber nicht är­ger­lich. Ein Satz: „Na­tür­lich macht es dich sau­er, wenn du das raus­fin­dest, und kei­ne Sau in­ter­es­siert sich da­für, sag­te Ja­kob, (…).“ Die Frau schreibt wirk­lich lan­ge Sätze.

Es ist noch nicht vor­bei mit der Eman­zen­li­te­ra­tur. Ein Buch von und ei­nes über Ali­ce Schwar­zer kön­nen weg. Die brau­che ich nicht mehr. Ob sie je et­was ge­nützt ha­ben? Durch dick und dünn mit ei­nem Satz: „Der männ­li­che Kör­per prä­sen­tiert sich in der Re­gel in sei­nem so­zi­al-öko­no­mi­schen Wert, der weib­li­che hin­ge­gen läßt schein­bar Rück­schlüs­se auf den psy­chi­schen und sitt­li­chen Zu­stand zu.“ Recht ha­ben sie im­mer noch, die Au­torin­nen die­ses Sammelbandes.

Ali­ce Schwar­zer, Mit Lei­den­schaft. Tex­te 1968–1982. Ro­wohlt 1982. Ein zu­ge­ge­ben er­wart­ba­rer Satz: „Ein Frau­en­le­ben ver­läuft von der Wie­ge bis zur Bah­re an­ders als ein Männerleben.“

Nach sol­chen frau­en­be­weg­ten Sach­bü­chern darf na­tür­lich der Ro­man der da­ma­li­gen Zeit nicht feh­len. 1977 er­schie­nen die­ser Best­sel­ler, ich schmei­ße mein rororo Ex­em­plar aus dem Jahr 1984 auf den Schei­ter­hau­fen. Ma­ri­lyn French, Frau­en, in dem sich Fol­gen­des fin­det: „Glaubst du ir­gend et­was da­von? Das ist kein Stoff für ei­nen Roman.“

Wer so et­was sagt, ist auch zum Schlimms­ten be­reit. Meis­ter­lich be­schreibt die­se Au­torin der­ar­ti­ge Ab­grün­de. Pa­tri­cia High­s­mith, Klei­ne Ge­schich­ten für Wei­ber­fein­de: „Bri­an dreh­te fast durch in die­ser At­mo­sphä­re“. In Lei­se, lei­se im Wind „kam ein Schrei – und wie­der ein Schrei, halb Ent­set­zen, halb Über­mut.“ Wäh­rend sie in Elsie’s Le­bens­lust ver­rät: „Er hat­te ein son­der­ba­res Ge­fühl, so an­ders, wie still verliebt.“

Nicht mehr ver­liebt bin ich in Isa­bel Al­len­de, we­der in die Ge­schich­ten der Eva Lu­na, noch in Das Geis­ter­haus. Ei­nen Satz von Eva: „Die­se Wor­te las­te­ten wie ei­ne Miß­bil­dung auf dem Jungen.“

Zu gu­ter letzt noch ein sehr be­kann­ter Ro­man, den ich aber si­cher­lich kein wei­te­res Mal le­sen wer­de, Das Ho­tel New Hamp­shire. John Ir­ving ge­bührt das Schluß­wort: „Sa­bri­na Jo­nes er­zähl­te mir spä­ter, daß Buch sei ihr aus den Hän­den geflogen.“

 Weg da­mit! Doch wo­hin? Alt­pa­pier, Bü­cher­floh­markt, of­fe­nes Re­gal? Oder — wat den Ee­nen sin Uhl, is den An­nern sin Nach­ti­gall — möch­te sie ei­ner von euch? Kom­men­tar genügt.

5 Gedanken zu „Weg damit!“

    1. Wie hältst Du es da­mit, Eva?
      Bei mir sind Platz und Le­bens­zeit be­grenzt, mei­ne an­de­ren Grün­de ha­be ich oben genannt.
      Am Wo­chen­en­de ha­be ich auf dem Dach­bo­den noch ein 20-bän­di­ges Le­xi­kon, di­ver­se Tier­bü­cher, ein Däm­li­ken und wei­te­re Schätz­chen ge­fun­den. Die wer­den al­le gleich ab­ge­holt. Wo sie wohl lan­den wer­den? Floh­markt oder Ka­min? Der Eso-Hei­ni hat si­cher viel Zündkraft.

  1. Die ge­nann­ten Bü­cher lan­de­ten zu­sam­men mit drei vol­len Kis­ten vom Dach­bo­den tat­säch­lich in ei­nem of­fe­nen Buch­re­gal im Nach­bar­ort. So hör­te ich jedenfalls. 

    Dem­nächst wer­de ich dort mal vor­bei schau­en. Wie sich Schwar­zer wohl so ne­ben Dä­ni­ken macht?

  2. Ab und uz mal was raus ent­lüf­tet — und so hat man Platz für die Bü­cher, die ei­nem rich­tig gut ge­fal­len. Wei­ter so!

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