Sibylle Lewitscharoffs Killmousky, ein Krimi mit Kater
Auch wenn ich, was die häusliche Fauna betrifft, eher den Canidae denn den Felidae zuneige, erwartete ich mit Vorfreude das Erscheinen von Killmousky
. Coverdesign und Klappentext künden unmissverständlich einen Krimi an, ein Genre, welches mir eben so selten begegnet wie die Mäusemörder. Bekannter ist mir da die Autorin des Romans, Sibylle Lewitscharoff, deren anspielungsreiche und vielschichtige Romane wie Blumenberg und Apostoloff
mich beeindruckt haben.
Erfreut und geradezu erleichtert erkannte ich nach den ersten Seiten, daß der Kater keine Hauptrolle, schon gar nicht die eines wie auch immer vermenschlichten Katzenkommissars spielt. Zugleich war ich, da vollkommen ahnungslos, enttäuscht, daß der originelle Name für Tier und Buch nur eine Anleihe aus dem Fernsehen ist.
Der Kater Killmousky hat kurze, wenn auch spektakuläre Auftritte. Mit ihm lernt der Leser die eigentliche Hauptfigur des Geschehens kennen. Richard Ellwanger, ein etwas behäbiger Ex-Kommissar, in München wohnhaft, aus dem Hohenlohischen stammend. Wegen zu emotionaler Reaktion in einem Verhör, was an den Fall Gäfgen erinnert, quittiert Ellwanger den Dienst. Bevor er jedoch in das Loch der Frühpensionierung fällt, darf er „Verhörbegabung“ wie „Aufklärungsenergie“ in einem ungeklärten Todesfall unter Beweis stellen. Sein Manko: New York ist der Auftrags- und Arbeitsort und Ellwangers Englischkenntnisse gering.
Ein weiteres Manko gesellt sich leider bald hinzu. Auf Seite 35 des gut 200 Seiten umfassenden Romans schildert der Auftraggeber Ellwanger den Fall. Einen Verdächtigen mit starkem Tatmotiv hat der reiche Amerikaner ebenfalls parat. Man nimmt dem Roman nicht all zu viel Spannung, wenn man verrät, daß es sich bei der Verdachtsperson auch um den Täter handelt. Detektiv Ellwanger muss ihn nur noch überführen.
Ist das nun gerade das Besondere? Keine falsche Fährte, kein zu Unrecht Verdächtigter, wie man es aus jedem „Tatort“ kennt? Eine Gemeinsamkeit hat „Killmousky“ allerdings doch mit einem Fernsehkrimi, über die Namensgebung hinaus. Ein gefährlicher Alleingang, um den Hauptverdächtigen zu befragen, konfrontiert den Detektiv mit dem Mörder. Diese Begegnung wäre für den Ex-Polizisten fast die finale gewesen, doch mehr möchte ich nicht verraten, soviel Spannung soll sein.
„Killmousky“ lässt mich zwiegespalten zurück. Der Kriminalfall an sich und dessen Aufklärung konnten mich nicht überzeugen. Besonders die Befragungen Ellwangers zeigen wenig Raffinesse. Seine „Verhörbegabung“ kann er jedenfalls nicht unter Beweis stellen, da der Täter wie auf Stichwort alles willig ausplaudert. Glaubhafter und gelungener sind die Einblicke in den Charakter des Protagonisten, wenn Scham und Scheu eines Kleinstadt-Schwaben in der Metropole New York zu Tage tritt. Der häufigen Erwähnung der mangelhaften Englischkenntnisse geht als Running Gag allerdings schnell die Puste aus. Einfühlsam und mit Witz hingegen schildert die Autorin das Verhältnis zwischen Katze und Kommissar, eine veritable Einzelgänger-Studie, in der ich das vorfinde, was mir an Lewitscharoffs Schreiben gefällt.
Der nächste Roman, hoffe ich, lässt nicht lange auf sich warten. Es muss ja kein Krimi sein, vielleicht eher etwas über Empörungslust und Massenhysterie.
Sybille Lewitscharoff, Killmousky, Suhrkamp Verlag, 1. Aufl. 2014