Gewinnerglück
Der größte Gewinner in diesem Jahr ist wohl der Wettbewerb selbst. „Bachmann bleibt“. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz, der die Abschaffung angedroht hatte, hob diese vor der Preisvergabe wieder auf und freute sich sehr über den Applaus.
Vor der Juryabstimmung zeigte ein Video mit Ausschnitten der letzten Lesungstage die Kandidaten der engeren Wahl. Sie fiel auf Larissa Boehning, Roman Ehrlich, Verena Güntner, Heinz Helle, Benjamin Maack, Joachim Meyerhoff und Katja Petrowskaja. Über Meyerhoff bin ich überrascht, ich hätte eher Cordula Simon auf der Shortlist vermutet.
Die weiteren Abstimmungen verliefen vorhersehbar. Katja Petrowskaja erhielt im ersten Wahldurchgang vier Stimmen und ist damit die 37. Gewinnerin des Bachmann-Preises. Ich finde den Text nicht schlecht, frage mich aber, ob die Entscheidung nicht durch Sujet und Person beeinflusst wurde. Wie wäre das Urteil bei einer Blindverkostung ausgefallen. Ein Vortrag des Textes von neutralen Sprechern, ohne Herkunft und Bildungsgeschichte des Autors zu offenbaren, würde eine stärkere Beurteilung nach literarischen Kriterien ermöglichen. Natürlich spielt die Person des Kritikers und dessen Lesevorlieben nach wie vor eine Rolle, das lässt sich nicht ausschalten. Es sei denn durch die Riesenmaschine, die Roman Ehrlich als Sieger ermittelte.
Mit der Vergabe der restlichen Preise bin ich einverstanden, auch wenn ich die Reihenfolge anders gewählt hätte. Verena Güntner, die von Paul Jandl vorgeschlagen wurde, erhielt den kelag-Preis. Der 3sat-Preis ging an Benjamin Maack. Er ist der Kandidat von Hubert Winkels, der in der Laudatio verriet, Maack zu einem Text für den Wettbewerb ermutigt zu haben. Maack sei ein Meister der Kurzgeschichte, ergänzte Winkels mit Verweis auf dessen Buch „Monster“. Als letzte Juryauszeichnung ging der Ernst-Willner-Preis an Heinz Helle, der von Daniela Strigl eingeladen wurde. Die beiden letztgenannten Preisträger hätten den Hauptpreis verdient. Ebenso wie Roman Ehrlich, der leider bei der Jurywahl leer ausging. Der Publikums-Preis, abhängig von der Anzahl der Internetstimmen, ging an Nadine Kegele. Sie hatte es ebenso wie Hannah Dübgen, Anousch Müller, Nikola Anne Mehlhorn, Cordula Simon und Zè do Rock nicht auf die Shortlist der Kritiker geschafft.
Preisträger im Überblick
Katja Petrowskaja, Ingeborg-Bachmann-Preis, 25000 € gestiftet von der Stadt Klagenfurt
Verena Güntner, kelag-Preis, 10000 € gestiftet von der Kärntner-Elektrizitäts-Aktiengesellschaft
Benjamin Maack, 3sat-Preis, 7500 € gestiftet von 3sat
Heinz Helle, Ernst-Willner-Preis, 5000 € gestiftet von mehreren Verlagen
Nadine Kegele, Publikumspreis, 7000 € gestiftet von der BKS Bank
In Kürze erscheinen
Hannah Dübgen, „Strom“, August 2013, dtv premium
Roman Ehrlich, „Das kalte Jahr“, Juli 2013, DuMont-Verlag
Heinz Helle, Suhrkamp, Frühjahr 2014
Anousch Mueller, „Brandstatt“, Juli 2013, C.H. Beck
Katja Petrowskaja, Suhrkamp, Frühjahr 2014
Philip Schönthaler, „Das Schiff, das singend zieht auf seiner Bahn“, Herbst 2013, Matthes&Seitz
Cordula Simon, Ostrov Mogila, August 2013, Picus Verlag
Weitere Informationen
Autoren-Porträts, die Wettbewerbs-Texte und die Video-Aufzeichnungen der Lesungen und Diskussionen finden sich auf der Seite des Wettbewerbs.
Video-Interviews und Berichte veröffentlicht Wolfgang Tischer auf Literaturcafe, wo Doris Brockmann über den Bewerb bloggte.
Blog-Artikel über die TDDL 2013 bei
Ich freue mich über deine Berichte und darüber, dass ich bei dir lese, dass wir uns auf ein Buch von Heinz Helle im nächsten Frühjahr freuen dürfen. Ich bin schon jetzt sehr gespannt! 🙂
Skurril, jetzt haben wir uns beide gleichzeitig kommentiert. 😉
Merci für deine ausführliche Berichterstattung über alle vier Klagenfurttage. Bei der Beurteilung der Texte sind wir uns sehr einig. Meine Favoriten waren Maack und Ehrlich, Helle und Güntner mochte ich ebenfalls. Petrowskaja ist eine Siegerin, mit der ich gut leben kann, auch wenn diese Entscheidung wenig mutig war. Mayerhoff bot eine nette, unterhaltsame Performance dar, ohne die hält jedoch der Text an sich nicht stand. Eine sehr große Überraschung war für mich, dass Kegele den Publikumspreis gewonnen hat. Ihr Beitrag war mir deutlich zu kryptisch und schwer zugänglich; dass ausgerechnet die Leser dafür stimmen, damit hätte ich nicht gerechnet.
Das freut mich, dann können wir demnächst über die Bücher unserer Favoriten diskutieren. Der Publikumspreis sollte wohl eher den Titel Internetpreis tragen? Andererseits finde ich es gut, daß auf diese Weise eine junge Autorin unterstützt wird, die noch nicht viele Veröffentlichungen hat. Ein Publikumspreis für Meyerhoff oder Zè do Rock hätte mich geärgert.
Ich möchte mich auch bedanken für Deine Texte zu den Bachmanntagen, die mich immer auf dem Laufenden gehalten haben. So brauchte ich mich selbst um gar nichts mehr kümmern, ich brauchts nur bei Dir vorbeizusurfen :-), der reine Luxus!
Und ich freue mich über Deine nette Rückmeldung, so weiß ich wenigstens, daß die Berichte auch gelesen werden.
Ich habe es ebenfalls gelesen. Schade, dass die Teilnehmer mit der Ausnahme von „Matthes & Seitz” und „Picus” alle kommenden Bücher bei ziemlich schwergewichtigen Verlagen veröffentlicht werden. Außerdem möchte ich an der Stelle ebenfalls auf meine aus guten Gründen verspätete „Jury in der Einzelkritik” hinweisen …
Mich hat es vor allem erstaunt, daß viele Texte schon fast veröffentlicht waren.
Danke für den Verweis auf die Einzelkritik, sehr amüsant zu lesen.
Danke für Rückmeldung und Link. Ich freue mich, wenn es Spaß macht. Aus Verlagssicht macht es natürlich Sinn, eine Veröffentlichung in der Röhre zu haben und im Ernstfall die erhöhte Aufmerksamkeit direkt zu versilbern.