Markus Zusak, Die Bücherdiebin

Ausgewählt von meinem örtlichen Lesekreis las nun auch ich den Bestseller Die Bücherdiebin.

Die Ge­schich­te ei­nes Bü­cher steh­len­den Mäd­chens wäh­rend des Zwei­ten Welt­krie­ges in Deutsch­land weck­te ganz be­stimm­te Er­war­tun­gen in mir. Ich stell­te mir vor, daß die Bü­cher zum Über­le­bens­mit­tel wer­den, um die­se Zeit der Dik­ta­tur, des Krie­ges, der Ver­fol­gung, der Not und des Hun­gers zu über­ste­hen. Ich er­war­te­te, daß der Au­tor von den In­hal­ten der Bü­cher und von ih­ren Wir­kun­gen erzählt.

Dass der Er­zäh­ler der Ge­schich­te Ge­vat­ter Tod per­sön­lich ist, hat bei mir le­dig­lich un­spe­zi­fi­sche Fan­ta­sy­as­so­zia­tio­nen her­vor­ge­ru­fen. Ins­ge­samt war die­ser Tod eben kein „Meis­ter aus Deutsch­land”, son­dern eher ein Herr oh­ne Hut.

Wer ist ei­gent­lich das Pu­bli­kum die­ser Er­zähl­fi­gur? Die­se Fra­ge hat sich für mich nicht geklärt.

Im ers­ten Teil des Bu­ches han­delt es sich auf je­den Fall um ein Pu­bli­kum, wel­ches ei­ne Men­ge Be­leh­rung und Er­klä­rung nö­tig hat. Die wird in schö­ner Schnör­kel­schrift ge­lie­fert, mit fett­ge­druck­ten Un­ter­ti­teln ausgeführt.

Manch­mal fin­den sich auch gan­ze Er­klä­rungs­ka­pi­tel da­zwi­schen­ge­streut. Wenn zum Bei­spiel in die­sem bei Mün­chen spie­len­den Ro­man nun ab­so­lut kein Weg nach Köln führt, un­ter­bricht ein sol­cher Zu­satz die Hand­lung und er­klärt in Kurz­form auch die Bom­ba­die­rung der Domstadt.

Fast kaum ein Ge­mein­platz über die Zeit des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus wird aus­ge­las­sen. Ver­fol­gung, Bü­cher­ver­bren­nung, Krank­heit, Hun­ger, Hit­ler­ju­gend, Un­ter­drü­ckung, Ras­sis­mus, Bom­ben­ha­gel, Krieg, kurz je­de Men­ge Not und Tod.

Si­cher­lich ist nichts da­von falsch, doch wenn fast al­les, so wird doch nie et­was ge­nau dar­ge­stellt, dar­in liegt für mich das gro­ße Man­ko die­ses Buchs.

Denn wenn es für zehn­jäh­ri­ge Kin­der ge­schrie­ben wor­den wä­re, was ich auf den ers­ten hun­dert Sei­ten ver­mu­te­te und spä­ter wie­der ver­warf, oder even­tu­ell für his­to­risch voll­kom­men ah­nungs­lo­se Aus­tra­li­er, so darf es ei­nes auf kei­nen Fall: die Ge­schich­te verharmlosen.

Das tut es und lei­der in ei­ner oft kit­schi­gen Wei­se. Ei­ner­seits wird vie­les on­kel­haft er­klärt, an­de­rer­seits gibt es vie­le An­deu­tun­gen und Sar­kas­men von Sei­ten des To­des, die ein hin­rei­chen­des Wis­sen vor­aus­set­zen. Teil­wei­se äu­ßert die­se Ge­stalt sich in ei­ner Flap­sig­keit, die man bes­ten­falls als prä­pu­ber­tär be­zeich­nen könn­te. Un­zu­mut­bar emp­fand ich den Satz: „Die Ju­den gin­gen nach Dach­au um sich zu kon­zen­trie­ren.“. Die­ser Tod ist kein Mann oh­ne Hut, son­dern oh­ne Hirn.

Im­mer­hin ha­be ich das Buch bis zum En­de ge­le­sen, das heißt, ich ken­ne vie­le schlech­te­re Bü­cher, zu­dem macht ein gut kon­stru­ier­ter Span­nungs­bo­gen den Stoff flüs­sig lesbar.

Ei­ni­ge Pas­sa­gen ha­ben mir so­gar au­ßer­or­dent­lich gut ge­fal­len. So die Sze­nen zwi­schen Max und Lie­sel zur Kel­ler­zeit, das Re­cy­cling von „Mein Kampf“, die Leih-Bi­blio­thek der Bürgermeisterin.

Be­dau­er­li­cher­wei­se hat Zu­sak nicht die­se Sze­nen wei­ter aus­ge­baut, die­ses Buch hät­te mir si­cher­lich bes­ser ge­fal­len. Lei­der woll­te er je­doch an­schei­nend nichts aus­las­sen, was ihm so zu Oh­ren ge­kom­men ist. Her­aus­ge­kom­men ist  leicht les­ba­re Un­ter­hal­tung, die je­doch sel­ten in die Tie­fe geht.

Ach ja, mei­ne Er­war­tung an die ge­stoh­le­nen Bü­cher wur­de ganz ge­wal­tig und sehr schnell ent­täuscht. Denn das ers­te Buch trägt den Titel:

Hand­buch für To­ten­grä­ber. In zwölf Schrit­ten zum Er­folg. Her­aus­ge­ge­ben von der Bay­ri­schen Friedhofsverwaltung

Just jo­king, Mr. Zusak?

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