Interkulturelles Lesen

Bella Italia

Schon seit lan­gem kann man das Land, wo die Zi­tro­nen blü­hen, auch li­te­ra­risch be­rei­sen. Nicht nur die Ta­ge­bü­cher deut­scher Schreib­ge­nies, son­dern auch ei­ne Viel­zahl von Bü­chern des Wa­gen­bach-Ver­lags er­fül­len die­se deut­sche Sehnsucht.

Dem seit Jah­ren her­auf­be­schwo­re­nen Ide­al der In­ter­kul­tu­rel­len Kom­pe­tenz oder eher dem Schei­tern dar­an wid­met sich ei­ne Rei­he des Ull­stein-Ta­schen­buch­ver­la­ges. In un­ter­halt­sa­mer und amü­san­ter Wei­se wer­den kul­tu­rel­le Men­ta­li­tä­ten son­diert und für ge­gen­sei­ti­ge To­le­ranz geworben.

Den ita­lie­ni­schen Ein­stieg mach­te Jan Wei­ler mit dem in­zwi­schen er­folg­reich ver­film­ten Ma­ria, ihm schmeckt’s nicht!. Die Schil­de­rung sei­ner Er­leb­nis­se mit der an­ge­hei­ra­te­ten ita­lie­ni­schen Fa­mi­lie ver­kauf­ten sich so gut, daß kurz dar­auf der Fol­ge­band An­to­nio im Wun­der­land er­schien. An­to­ni­os Rei­se in Be­glei­tung sei­nes deut­schen Schwie­ger­soh­nes in die USA er­wei­tert die in­ter­kul­tu­rel­le Ver­suchs­an­ord­nung um den ame­ri­ka­ni­schen Fak­tor. We­gen der vie­len oft ins Slap­stick­ar­ti­ge rut­schen­den Sze­nen hat mir die­se Fort­set­zung nicht so gut gefallen.

Von den an­de­ren Ti­teln die­se Rei­he kann­te ich bis­her nur noch zwei. Sie hei­ßen Cand­le­light Dö­ner und My dear Krauts: Wie ich die Deut­schen ent­deck­te und leuch­ten das tür­kisch-deut­sche Ver­hält­nis oder die bri­ti­schen Be­zie­hun­gen zu Deutsch­land aus. Be­geis­tert hat mich kei­nes mehr. Mehr oder we­ni­ger vor­aus­seh­bar wur­den die je­wei­li­gen Ver­stän­di­gungs­pro­ble­me in meist we­nig ori­gi­nel­len Sto­ries ab­ge­ar­bei­tet. Der Auf­trags­cha­rak­ter die­ser Schreib­wer­ke schien unüberlesbar.

Da er­schien vor zwei Jah­ren ein wei­te­rer Ita­li­en­band. In Quat­tro Sta­gio­ni: Ein Jahr in Rom er­zählt der Ver­fas­ser Ste­fan Ul­rich über die Ein­ge­wöh­nung ei­ner deut­schen Fa­mi­lie in den rö­mi­schen All­tag. Die Grund­la­ge für die­ses Buch des da­ma­li­gen Ita­li­en-Kor­re­spon­den­ten der Süd­deut­schen Zei­tung bil­den wie in den an­de­ren Bän­den der Rei­he ei­ge­ne Er­fah­run­gen. Sie er­schei­nen je­doch weit au­then­ti­scher. Die rö­mi­schen Wirr­nis­se von der to­ten Zeit des Fer­ra­gos­to über das Be­hör­den­la­by­rinth bis zur L’arte di ar­ran­gi­ar­si las­sen sich für je­den Romer­fah­re­nen gut nach­voll­zie­hen und doch spürt man bei al­ler Kri­tik die gro­ße Sym­pa­thie des Au­tors für das Land heraus.

Im März nun setz­te Ul­rich mit Ar­ri­ve­der­ci, Ro­ma!: Ein Jahr in Ita­li­en sei­ne Er­leb­nis­se in Ita­li­en fort. Sein Ziel, je­de Pro­vinz des Lan­des zu be­rei­sen und zu schil­dern, er­reicht er zwar nicht ganz, aber den Le­ser un­ter­hält er in ge­konn­ter Wei­se. Pad­re Pi­os Re­li­qui­en kon­kur­rie­ren mit ei­nem Ma­fia-In­con­tro, aber auch das rö­mi­sche Le­ben von Cal­cio und Cal­co bis zu ei­nem qua­si in der Cloa­ka Ma­xi­ma ge­nom­me­nem Bad feh­len nicht. Vor al­lem der elo­quen­te und selbst­iro­ni­sche Stil des Au­tors ge­fällt sehr. Ein biss­chen trau­rig ruft man dann nach der letz­ten Zei­le eben­falls „Ar­ri­ve­der­ci!“, denn ei­ne wei­te­res Buch über ita­lie­ni­sche Ver­hält­nis­se wird dem jet­zi­gen Frank­reich-Kor­re­spon­den­ten wohl kaum einfallen.

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