Vielleicht bin ich auch nur eine Nieze aus Plastik?“

In „Kleine Probleme“ von Nele Pollatschek entlädt ein Prokrastinierer seine selbstmitleidige Suada

Ich muss­te oft noch was er­le­di­gen, meis­tens mor­gen, manch­mal aber auch spä­ter oder nächs­te Wo­che oder dem­nächst. Das Pro­blem ist, dass es meis­tens nicht spä­ter war, son­dern eben jetzt, und jetzt rauch­te ich noch ei­ne Zi­ga­ret­te, las noch ei­nen Ar­ti­kel, starr­te auf mein Te­le­fon, wisch­te dem Welt­un­ter­gang hin­ter­her, schau­te nur die­ses ei­ne Vi­deo noch zu En­de, ging noch­mal eben aufs Klo, mach­te schnell noch ei­nen Kaf­fee, be­vor ich dann gleich an­fing, al­so bald, al­so nach­her, al­so viel­leicht doch bes­ser mor­gen, es war ja auch schon spät. Und dann ka­men plötz­lich und fast völ­lig un­er­war­tet die­se Mo­men­te, an de­nen das spä­ter rest­los auf­ge­braucht war, und aus dem jetzt wur­de jetzt oder nie.“

Im Ge­gen­satz zu den Ar­ti­keln der Jour­na­lis­tin Ne­le Pol­lat­schek, die ich we­gen ih­res sub­ti­len Hu­mors sehr ger­ne le­se, hat mich ihr Ro­man „Klei­ne Pro­ble­me“ we­ni­ger über­zeugt, was so­wohl am The­ma wie an sei­ner Aus­füh­rung liegt. Der in­ne­re Mo­no­log ei­nes Man­nes En­de Vier­zig zwingt die Le­ser und erst recht die Le­se­rin­nen auf gut 208 Sei­ten Län­ge auf das Pro­krus­tes­bett. Wenn Lars als wah­rer Pro­kras­ti­na­tor an den Ner­ven sägt, will man nur noch ei­nes, ganz weit weg. Das gilt nicht nur für Jo­han­na, die Frau des An­ti-Hel­den flieht vor des­sen Ver­hal­ten ins fer­ne Lis­sa­bon. Es gilt auch für die Le­se­rin, die die­se Lek­tü­re vor gro­ße Pro­ble­me stell­te. Sie war ge­nervt, auf­ge­bracht und schließ­lich Viel­leicht bin ich auch nur ei­ne Nie­ze aus Plas­tik?““ weiterlesen