Bekenntnisse einer Selbstbezogenen

Rachilde grenzt sich in „Nein, ich bin keine Feministin“ gegen die Frauen ihrer Zeit ab

Aber, wenn man dar­über nach­denkt – hat die mo­der­ne Frau über­haupt ein Ide­al? Ge­wiss, sie möch­te ihr Le­ben aus­kos­ten, lu­xu­ri­ös, oh­ne je­de an­de­re Re­li­gi­on als die ih­rer an­geb­li­chen Gleich­heit. Doch zu­gleich ist sie auch wun­der­lich, ih­rem Ge­hirn fehlt an der Stel­le et­was, wo man Gott, viel­leicht auch die Lie­be und die Lei­den­schaft ent­fernt hat. 
Sie wer­den mir sa­gen, dass der mo­der­ne Mann…
…Aber man hat mich ja nicht ge­be­ten, Ih­nen et­was vom mo­der­nen Mann zu er­zäh­len, nicht wahr?“ 

Ei­nen ver­ges­se­nen Text ei­ner hier­zu­lan­de fast ver­ges­se­nen, aber zu ih­rer Zeit be­rühm­ten Au­torin und Sa­lon­niè­re des Fin de Siè­cle neu zu über­set­zen und auf­zu­le­gen, hat Alex­an­dra Beil­harz mit dem 1928 erst­mals er­schie­nen „Nein, ich bin kei­ne Fe­mi­nis­tin“ von Ra­chil­de (1860–1953) rea­li­siert. Dem Text von knapp 100 Sei­ten geht ein Vor­wort der Li­te­ra­tur­wis­sen­schaft­le­rin Bar­ba­ra Vin­ken vor­aus. Nach­ge­stellt fin­den sich zwei zeit­ge­nös­si­sche Re­zen­sio­nen aus dem Jahr der Ver­öf­fent­li­chung, ei­ne edi­to­ri­sche No­tiz, ein Bild­nach­weis so­wie ei­ne Kurz­bio­gra­phie über Bar­ba­ra Vin­ken. Über die Au­torin Ra­chil­de bie­tet nur der Klap­pen­text we­ni­ge Zei­len. Er­staun­lich aus­führ­li­che In­for­ma­tio­nen fin­den sich in der eng­li­schen Wi­ki­pe­dia.

Nicht nur als Em­ma-Le­se­rin der Acht­zi­ger fin­de ich ei­nen his­to­ri­schen Text, der sich mit Fe­mi­nis­mus be­schäf­tigt, in­ter­es­sant. Die Ver­lags­an­kün­di­gung spricht von ei­ner „Streit­schrift, in der sie (die Au­torin) den Fe­mi­nis­mus ih­rer Epo­che pro­vo­kant und hu­mor­voll zu­gleich be­schreibt“. Vin­ken spricht im Vor­wort gar von ei­ner „Tra­ves­tie“. Folg­lich er­war­te­te ich ein, wenn auch als Par­odie oder Sa­ti­re ver­klei­de­tes Plä­doy­er für die Gleich­be­rech­ti­gung der Frau. Mein Feh­ler oder ei­ne Fra­ge der De­fi­ni­ti­on? Viel­leicht zäh­le auch ich zu den „Be­kennt­nis­se ei­ner Selbst­be­zo­ge­nen“ weiterlesen