Bachmannpreis 2012 — Rückschau

Kleine Kritik der Kritik

Der Wett­be­werb ist vor­bei, ge­won­nen hat ihn Ol­ga Mar­ty­n­o­va mit ih­rem Text „Ich wer­de sa­gen: Hi“. Wei­te­re Prei­se gin­gen an Nawrat, Kränz­ler und Mahl­ke. Trav­nicek er­hielt den Pu­bli­kums­preis, was we­nig überraschte.

Eben­so we­nig über­ra­schen konn­ten ei­ni­ge Mit­glie­der der Kri­ti­ker­run­de, sie neig­ten zu den im­mer glei­chen Aus­sa­gen und Ver­hal­tens­mus­tern. So kris­tal­li­sier­ten sich be­reits am Nach­mit­tag des ers­ten Ta­ges spe­zi­fi­sche Re­ak­tio­nen der ein­zel­nen Ju­ry­mit­glie­der her­aus. Co­ri­na Ca­duff be­müh­te ger­ne das Ar­gu­ment der Dis­kur­si­vi­tät. Sie hin­ter­frag­te die The­men­stel­lung der Tex­te und ob Li­te­ra­tur da­zu noch et­was bei­tra­gen kön­ne. Soll­te man dann das li­te­ra­ri­sche Schrei­ben nicht ganz auf­ge­ben, und sich auf Sprach­ex­pe­ri­men­te ver­le­gen, wie sie in die­sem Jahr Has­sin­ger ein­reich­te? Da­zu hat aber auch Ca­duff we­der Zeit noch Lust. Lieb­lings­wort: „dis­kur­siv“.

Hil­de­gard Eli­sa­beth Kel­ler prä­sen­tier­te sich und ih­ren Zu­hö­rern meist ei­ne klei­ne Nach­er­zäh­lung des Ge­hör­ten. An­statt Ver­ständ­nis er­zeug­te dies bei  mir eher das Ge­fühl hilf­los dem Re­de­schwall ei­ner Leh­re­rin aus­ge­lie­fert zu sein. Tref­fens­tes Wort: „Le­bens­plau­der­ton“.

Burk­hard Spin­nen führ­te viel Ge­re­de zu­nächst in sei­ne ei­ge­ne Ver­gan­gen­heit be­vor er zum Kern der Sa­che ge­lang­te. Wenn über­haupt. Ei­ni­ge Ma­le zö­ger­te er sei­ne Mei­nung zu äu­ßern  oder er­in­ner­te wei­se dar­an, daß je­der li­te­ra­ri­sche Text An­stren­gung er­for­de­re. Lieb­lings­satz: „Ich kann al­lem zu­stim­men, was bis­her ge­sagt wurde.“

Die an­de­ren Mit­glie­der ver­blüff­ten durch­aus, so Mei­ke Feß­mann mit ih­ren so­zi­al­the­ra­peu­ti­schen In­ter­pre­ta­ti­ons­an­sät­zen und den Ver­wei­sen auf Sur­rea­les. Kri­tischs­tes Wort: „Du“

Hu­bert Win­kels er­klär­te mit ei­nem in­ter­pre­ta­to­ri­schen Pfau­en­rad die In­fla­ti­on wil­der Hun­de­na­men. Li­te­ra­tur­wis­sen­schaft­lichs­te Ana­ly­se: „Kon­tra­fak­tur des Dschungelbuchs“

Da­nie­la Stri­gl und Paul Jandl hör­te ich am liebs­ten zu, weil sie be­grün­det und klar ih­re Mei­nung äu­ßer­ten. Jandl ge­bührt der Preis für die amü­san­tes­ten Kurz­kri­ti­ken und Stri­gl für ih­ren Da­ckel Mowg­li und die Hüh­ner­kopf­ab­tren­nungs­all­er­gie. Die­se Bei­den müs­sen auf je­den Fall blei­ben, falls es im kom­men­den Jahr Än­de­run­gen in der Ju­ry­zu­sam­men­set­zung ge­ben sollte.

Auch Än­de­run­gen am Re­gle­ment wür­de ich be­grü­ßen. War­um kön­nen die Tex­te nicht ei­ni­ge Stun­den vor der Le­sung on­line ge­stellt wer­den? So hät­ten Au­toren und Zu­hö­rer der Sprach­ex­pe­ri­men­te grö­ße­res Verständnis.

Die Vor­stel­lungs­fil­me der Au­toren wir­ken meist pein­lich und aus der Not ge­bo­ren. Die be­ab­sich­tig­te Aus­sa­ge­kraft ist eher ge­ring. Kön­nen sich die Au­toren über­haupt da­mit iden­ti­fi­zie­ren? Ein gu­tes In­ter­view wä­re ei­ne Alternative.

Ei­ne klei­ne Re­form wür­de auch der Ju­ry­ab­stim­mung nicht scha­den. Bis­her zieht sie sich um­ständ­lich in die Län­ge, weil je­der Ju­ror zu­nächst für seine(n) ei­ge­nen Kan­di­da­ten stimmt. Wä­re es nicht bes­ser die­se Op­ti­on auszuschließen?

Ich er­war­te ge­spannt das nächs­te Jahr und hof­fe, daß die­ses Li­te­ra­tur­er­eig­nis wei­ter­hin live über­tra­gen wird.

Bis da­hin kann man sich auf fol­gen­den Blogs noch mal der bes­ten TDDL-Mo­men­te 2012 erinnern:

Die Bü­cher­säu­fer

Denk­ding

Jo­han­nes Steinberg

Li­te­ra­tur­ca­fe

Vor­spei­sen­plat­te

walk-the-li­nes

Zei­len­ki­no

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