Literaturpreis–Glücksspiel

Literaturpreis Alpha 2015

Nach­dem in die­sem Jahr ei­ne Ver­qui­ckung von Nach­läs­sig­keit und Über­druss mich von Li­te­ra­tur­prei­sen fern­hielt, soll ei­ner doch Be­ach­tung fin­den, al­lei­ne, weil ich die Kom­bi­na­ti­on von Ca­si­no und Hoch­kul­tur un­nach­ahm­lich fin­de. Ist das ei­gent­lich schon nach Las Ve­gas vor­ge­drun­gen? Viel­leicht bau­en sie ja dort ei­ne schö­ne Ko­pie des Frank­fur­ter Rö­mer und ver­an­stal­ten ein DBP-Remake?

In un­se­rem Nach­bar­land sind sie schon seit 2010 so weit. Fe­lix Aus­tria hat in den gleich­na­mi­gen Ca­si­nos nicht nur Glück beim Spiel, son­dern auch mit der Kul­tur­för­de­rung. Die ist im Fal­le des Al­pha-Prei­ses „Literaturpreis–Glücksspiel“ weiterlesen

Proustscher Super-8-Film

Hilary Mantels Erinnerungsbuch „Von Geist und Geistern“

mantel, geistWenn mei­ne frü­hen Er­in­ne­run­gen auch bruch­stück­haft sind, glau­be ich doch nicht, dass sie, zu­min­dest nicht voll­stän­dig, Kon­fa­bu­la­tio­nen sind, und das glau­be ich auf­grund ih­rer über­wäl­ti­gen­den sinn­li­chen Kraft. (…) Wenn ich sa­ge: „Ich schmeck­te“, dann schme­cke ich es, und wenn ich sa­ge: „Ich hör­te“, dann hör­te ich es. Ich re­de nicht von ei­nem proust­schen Mo­ment, son­dern von ei­nem proust­schen Su­per-8-Film. Je­der kann die­se al­ten Fil­me in Gang set­zen, er braucht nur et­was Vor­be­rei­tung und Übung.“

Hi­la­ry Man­tel ist als Au­torin der Ro­ma­ne Wöl­fe und Fal­ken be­kannt, die, ent­ge­gen der Er­war­tung an das Gen­re des His­to­ri­schen Ro­mans, höchs­tes li­te­ra­ri­sches Ni­veau be­sit­zen. Bei­de wur­den 2009 und 2012 mit dem Boo­ker-Pri­ze ausgezeichnet.

Im Früh­jahr die­ses Jah­res hat der Du­mont Ver­lag ih­re Au­to­bio­gra­phie Von Geist und Geis­tern vor­ge­legt, die in Man­tels Hei­mat Eng­land be­reits 2003 vor den bei­den be­rühm­ten Wer­ken er­schien. Ihr Weg zur Star-Au­torin kann folg­lich nicht das The­ma die­ses Bu­ches sein. Doch zei­gen ih­re Er­in­ne­run­gen be­reits, wie sie mit li­te­ra­ri­scher Be­ga­bung und ana­ly­ti­scher Fä­hig­keit die­sen Weg einschlägt.

Zu­dem zeu­gen sie, so der gut ge­wähl­te Ti­tel, vom Geist Hi­la­ry Man­tels. Auf Geis­ter ganz im ge­spens­ti­schen Sin­ne soll­te man eben­so ge­fasst sein. Gleich auf den ers­ten Sei­ten schil­dert „Proust­scher Su­per-8-Film“ weiterlesen

Ehrenwerte Rebellin

Susanne Kippenberger porträtiert in Das rote Schaf der Familie Jessica Mitford und ihre Schwester

HB Kippenberger_978-3-443-24649-2_MR.inddDie Mit­ford Sis­ters sind in Eng­land ei­ne na­tio­na­le Le­gen­de, au­ßer­halb des Com­mon­wealth al­ler­dings we­nig be­kannt. Le­dig­lich ei­ne der sechs Töch­ter von Lord und La­dy Re­des­da­le brach­te es durch ih­re Freund­schaft mit Hit­ler zu his­to­ri­schem Ruhm. Das Schick­sal schien die­se Ver­bin­dung für Unity Mit­ford be­stimmt zu ha­ben. Nicht nur ihr Vor­na­me Val­ky­rie auch ih­re Zeu­gung im ka­na­di­schen Swas­tika sind Omi­na, die Aischy­los nicht tref­fen­der hät­te er­dich­ten kön­nen. Wie im an­ti­ken Dra­ma en­det ih­re ari­sche Ära fast töd­lich. Sie schießt sich am 3.9.39 in den Kopf ver­zwei­felt dar­über, daß die Bri­ten Deutsch­land den Krieg er­klärt ha­ben. Den­noch über­lebt sie die­sen um drei Jahre.

Auch ih­re Schwes­ter Dia­na be­sitzt ein Fai­ble für Fa­schis­ten. Sie hei­ra­tet in zwei­ter Ehe Os­wald Mos­ley, den Grün­der der Bri­tish Uni­on of Fa­schist. Fi­nan­zi­ell un­ter­stützt wur­de er von Mus­so­li­ni, freund­lich ver­bun­den wa­ren auch die Mos­leys mit ih­ren brau­nen deut­schen Ka­me­ra­den. Ih­re Trau­ung fand in Goeb­bels Pri­vat­woh­nung statt.

Jes­si­ca „Dec­ca“ Mit­ford war, wie der Ti­tel der Bio­gra­phie ah­nen lässt, po­li­tisch ge­se­hen das kras­se Ge­gen­teil ih­rer bei­den Schwes­tern. Mit 20 pfeift sie auf die Up­per­class und folgt ih­rer ers­ten „Eh­ren­wer­te Re­bel­lin“ weiterlesen