Teltower Krähen

Hartmut Lange erkundet in neuen Novellen die „Ewigkeit des Augenblicks“

Durch ei­ne Leih­ga­be, für die ich nicht zu­letzt durch die­sen Blog­bei­trag dan­ken möch­te, wur­de ich auf ei­nem mir bis da­to un­be­kann­ten Schrift­stel­ler auf­merk­sam, den am 31. März 1937 ge­bo­re­nen Schrift­stel­ler und Dra­ma­turg Hart­mut Lan­ge. Für sein li­te­ra­ri­sches Werk, Lan­ge gilt als Meis­ter der No­vel­le, er­hielt er 2003 den Italo-Svevo-Preis.

Sein neu­es Buch „Das Haus in der Do­ro­theen­stra­ße“ um­fasst fünf No­vel­len, von de­nen nicht nur die ti­tel­ge­ben­de äu­ßerst be­ein­druckt. Ge­mein­sam ist al­len die Hand­lungs­re­gi­on. Sie liegt im Süd­wes­ten Ber­lins am Tel­tow­ka­nal und wird bis auf ein­zel­ne Stra­ßen­na­men prä­zi­siert. All­ge­gen­wär­tig ist au­ßer­dem die Me­lan­cho­lie. Sie „Tel­tower Krä­hen“ weiterlesen

Sie streiten um den Bachmannpreis – TDDL 2013

Bachmannpreis

La­ris­sa Boeh­ning, Han­nah Dü­b­gen, Ro­man Ehr­lich, Ve­re­na Günt­ner, Heinz Hel­le, Na­di­ne Ke­ge­le, Ben­ja­min Maack, Ni­ko­la An­ne Mehl­horn, Joa­chim Mey­er­hoff, Anousch Muel­ler, Kat­ja Pe­trows­ka­ja, Zé do Rock, Phil­ipp Schön­tha­ler, Cor­du­la Simon.

So lau­ten die Na­men der Be­wer­ber um den dies­jäh­ri­gen Bach­mann­preis. Die Lis­te liegt seit ges­tern Nach­mit­tag auf der of­fi­zi­el­len Sei­te vor. Die acht Au­torin­nen und sechs Au­toren, die bei den „Ta­gen der deutsch­spra­chi­gen Li­te­ra­tur 2013“ aus ih­ren un­ver­öf­fent­lich­ten Tex­ten le­sen, sind deut­scher, ös­ter­rei­chi­scher und schwei­zer Na­tio­na­li­tät. Vie­le be­sit­zen al­ler­dings „Sie strei­ten um den Bach­mann­preis – TDDL 2013“ weiterlesen

Reisehandbuch für Nichtreisende

Pierre Bayard verteidigt den fernen Blick

Bayard, OrteWie man über Bü­cher spricht, die man nicht ge­le­sen hat“, die­ses Es­say des Li­te­ra­tur­wis­sen­schaft­lers und Psy­cho­ana­ly­ti­kers Pierre Ba­yard hat mich vor kur­zem sehr be­ein­druckt. Be­geis­tert von sei­nen Theo­rien zum Le­sen er­war­te­te ich neue geist­rei­che Aus­füh­run­gen zum The­ma „Wie man über Or­te spricht, an de­nen man nicht ge­we­sen ist“.

Nicht nur äu­ßer­lich gleicht das im Kunst­mann-Ver­lag er­schie­ne­ne neue Buch sei­nem Vor­gän­ger. Das schlich­te beige Co­ver ziert ein gal­li­scher Hahn, der dies­mal nicht auf ei­nem Sta­pel Bü­cher son­dern auf ei­nem Glo­bus Po­si­ti­on be­zo­gen hat. Auch der Auf­bau des Es­says wur­de über­nom­men. Von Ar­ten des Nicht­le­sen über Ge­sprächs­si­tua­tio­nen bis zu Emp­foh­le­nen Hal­tun­gen äu­ßert sich Ba­yard zu Or­ten, die man nicht kennt (UB), die man über­flo­gen hat (ÜO), die man vom Hö­ren­sa­gen kennt (EO) und die man ver­ges­sen hat (VO). Dar­aus er­ge­ben sich ent­spre­chen­de Ka­te­go­rien, die man ähn­lich aus dem Vor­gän­ger­buch kennt. Die Fol­ge­ka­pi­tel tra­gen den glei­chen Ti­tel wie im ers­ten Es­say, tei­len sich aber dem Su­jet ent­spre­chend in ver­schie­de­ne Un­ter­punk­te. Die Wahl „Rei­se­hand­buch für Nicht­rei­sen­de“ weiterlesen

Mücken, Mythen, Mussolini

Antonio Pennacchis „Canale Mussolini” — Oral History als Epos

Was bit­te, was sa­gen Sie? War­um sie dann bis hier­her ge­kom­men sind? Ja, we­gen dem Hun­ger, ich bit­te Sie, aus wel­chem Grund denn sonst? We­gen dem Hun­ger ist ei­ner zu al­lem bereit (…).

Der Ro­man, Ca­na­le Mus­so­li­ni, ver­wan­delt so­fort. Er macht aus dem Le­ser ei­nen Zu­hö­rer und ver­setzt ihn vom Ses­sel in ei­nen Stall, wo Frau­en, Kin­der, Män­ner sich am Abend ver­sam­meln. Das an­we­sen­de Vieh wärmt, eben­so das Glas Wein, al­le lau­schen ei­nem Ein­zi­gen, der eben­so wie die Frau­en ei­nen Fa­den spinnt, den Filò ei­ner lan­gen Geschichte.

An­to­nio Pen­n­ac­chis Epos be­ginnt vor hun­dert Jah­ren und er­zählt von Not und Mut der Fa­mi­lie Per­uz­zi. Kein Ge­heim­nis bleibt den Zu­hö­rern ver­bor­gen, denn der Er­zäh­ler, selbst ein Mit­glied der viel­köp­fi­gen Sip­pe, kennt sie al­le. Auch von der be­son­de­ren Be­zie­hung der Per­uz­zi zum Fa­scio weiß er ei­ni­ges zu be­rich­ten. Da gibt es nichts dran zu rüt­teln, sie wa­ren Schwarz­hem­den von An­fang an.

Die al­ten Per­uz­zi zeu­gen 17 Kin­der, nichts Un­ge­wöhn­li­ches „Mü­cken, My­then, Mus­so­li­ni“ weiterlesen